Zivilrecht
Schadensrecht
Feststellung eines ersatzfähigen Schadens
Wegfall der Weiternutzungs- oder Reparaturabsicht
Wegfall der Weiternutzungs- oder Reparaturabsicht
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Naturfreund N fährt einen BMW i3. Bei einem allein von Busfahrer B verschuldeten Unfall wird der BMW beschädigt. Die Reparaturkosten betragen laut Sachverständigengutachten €10.000 brutto, eine Ersatzbeschaffung kostet €8.000. N will seinen BMW weiter nutzen, verlangt deshalb nach einem Monat die Reparaturkosten. Drei Monate später überlegt er es sich anders, kauft einen Tesla und gibt seinen BMW in Zahlung.
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Einordnung des Falls
Wegfall der Weiternutzungs- oder Reparaturabsicht
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Wenn die Reparaturkosten die Ersatzbeschaffung übersteigen, kann der Geschädigte generell nur die Kosten für eine Ersatzbeschaffung verlangen.
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. Dieser Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB) wird erst nach 6 Monaten Weiternutzung fällig.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Zahlt der Schädiger vor Ablauf der 6 Monate, kriegt er sein Geld auch dann nicht zurück, wenn der Geschädigte sein Kfz doch nicht weiter benutzt.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Isabell
9.10.2021, 16:00:33
Muss ich dafür im Ursprungsprozess zusätzlich einen Feststellungsantrag stellen oder kann ich den Zuschlag auch so verlangen?
Lukas_Mengestu
10.10.2021, 20:22:06
Hi Isabell, eines zusätzlichen Feststellungsantrages bedarf es nicht, vielmehr kann der Zuschlag im Rahmen der normalen
Leistungsklagegeltend gemacht werden. Der BGH hat dabei geurteilt, dass der
Integritätszuschlagnicht erst nach Ablauf von 6 Monaten, sondern sofort fällig ist (vgl. BGH NJW 2009, 910). Ist die Reparatur noch nicht durchgeführt worden, kommt insoweit aber allenfalls ein Freistellungsanspruch in Betracht. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Jenny
14.1.2024, 21:55:26
In welcher Höhe entfällt der Rechtsgrund für die Leistung des
Integritätsinteresses nachträglich? Bleibt dem Geschädigten dann nur der Wiederbeschaffungswert, der Wiederbeschaffungsaufwand oder der Reparaturaufwand?
LS2024
15.4.2024, 11:45:38
Wieso fällt der Rechtsgrund hier weg? Müsste er nicht von Anfang an nicht bestanden haben, da die sechsmonatige Weiterbenutzung ausschließlich beweisrechtlich von Relevanz ist?
Merle_Breckwoldt
16.4.2024, 18:51:09
Hallo LS2024, maßgeblich ist hier allein, dass N seine anfänglich bestehende Reparaturabsicht, also sein tatsächlich bestehendes diesbezügliches
Integritätsinteresse, erst später aufgegeben hat (§ 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB). Damit war sein Anspruch (etwa aus § 823 Abs. 1 BGB), der im Zeitpunkt des Unfalls entstanden ist, seinem Umfang nach sofort inklusive des
Integritätszuschlags fällig. Auch insoweit ist zu beachten, dass es sich bei den sechs Monaten nicht um ein Tatbestandsmerkmal handelt, dass folglich 'von Beginn an' entfallen wäre. Viele Grüße, Merle für das Jurafuchs-Team
LS2024
23.4.2024, 11:41:58
Aber gerade weil es sich dabei nicht un ein Tatbestandsmerkmal handelt, wurde der Anspruch ja nie fällig. Ergo ist die Lösung falsch.
G0d0fMischief
4.11.2024, 17:06:47
Kann der Geschädigte dann aber mit dem tatsächlich bestehenden Schadensersatzanspruch aufrechnen?