+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Kundin K sucht im Geschäft der Möbeloase GmbH (M) eine neue Couch. Dabei rutscht sie auf einer am Boden liegenden Weintraube aus, die ein Kunde verloren hat. K bricht sich die Hüfte. Es ist unklar, wann der entsprechende Teil des Geschäftes zuletzt gereinigt wurde.

Einordnung des Falls

Ersatzfähiger immaterieller Schaden

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist Ks Schaden in Form der gebrochenen Hüfte im Wege der Naturalrestitution ersetzbar (§ 249 BGB)?

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Ja!

Die Geschädigte kann vom Schädiger verlangen, dass dieser den Zustand herstellt, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (§ 249 Abs. 1 BGB, Naturalrestitution). Bei Personen- oder Sachschäden kann sie statt der Herstellung durch den Schädiger auch den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB, Ersetzungsbefugnis).Die gebrochene Hüfte lässt sich durch ärztliche Behandlung wieder heilen, sodass Naturalrestitution möglich ist. Statt diese durch K selbst durchführen zu lassen, kann K die hierfür aufzuwendenden Kosten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB verlangen.Anders als bei Sachschäden scheidet eine „fiktive“ Abrechnung aus. Die Geschädigte kann nur für tatsächlich anfallende Behandlungskosten Schadensersatz verlangen.

2. Neben den Behandlungskosten ist K auch ein immaterieller Schaden in Form der erlittenen Schmerzen entstanden.

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Genau, so ist das!

Der Nichtvermögensschaden ist eine unfreiwillige Beeinträchtigung von Gütern und Interessen ohne Vermögenswert (=immaterieller Schaden).Die durch die Verletzung hervorgerufenen Schmerzen sowie die mit der Heilbehandlung verbundenen Unannehmlichkeiten stellen eine zusätzliche immaterielle Einbuße dar. Die einmal erlittenen Schmerzen können aber nachträglich nicht in Natur beseitigt werden, sodass allein eine Kompensation in Geld in Betracht kommt.

3. Immaterielle Schäden sind allerdings nie erstattungsfähig.

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Nein, das trifft nicht zu!

Grundsätzlich sind immaterielle Schäden nach der gesetzlichen Konzeption zwar nicht erstattungsfähig. Etwas anderes gilt jedoch, wenn das Gesetz eine Entschädigung explizit vorsieht. Ein Anspruch auf Erstattung immaterieller Schäden besteht vor allem bei Verletzung der in § 253 Abs. 2 BGB aufgeführten Rechtsgüter (=Schmerzensgeld).Im BGB selbst findet sich eine entsprechende Regelung zur entgangenen Urlaubszeit bei Pauschalreisen (§ 651n Abs. 2 BGB) bzw. dem Verlust naher Angehöriger (Hinterbliebenengeld, § 844 Abs. 3 S. 1 BGB). Aus den Grundrechten leitet die Rechtsprechung zudem ab, dass eine Entschädigung auch bei Verletzung des Persönlichkeitsrechts erfolgen muss.

4. Gibt es eine gesetzliche Regelung, nach der K für die Schmerzen eine Entschädigung verlangen kann?

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Ja!

Nach § 253 Abs. 2 BGB kann eine billige Entschädigung in Geld bei Verletzung der hier abschließend aufgezählten Rechtsgüter gefordert werden. Die Verletzung des Körpers ist jeder Eingriff in die körperliche Unversehrtheit oder Befindlichkeit, der einen von den normalen körperlichen Funktionen nicht nur unerheblich abweichenden Zustand hervorruft. Eine Gesundheitsschädigung liegt vor bei einer Störung der inneren Lebensvorgänge.Durch den Unfall hat K eine gebrochene Hüfte erlitten, d.h. einen Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit und ihre inneren Lebensvorgänge. Somit kann sie nach § 253 Abs. 2 BGB auch hinsichtlich der erlittenen Schmerzen Entschädigung verlangen. Das Schmerzensgeld bildet in Klausur und Praxis die wichtigste gesetzliche Regelung für den Ersatz immaterieller Schäden.Eine ausführliche Fallprüfung, insbesondere zur Frage der Verkehrssicherungspflicht der M, findest Du in unserer aktuellen Rechtsprechung.

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