Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Fahrlässigkeit

Ohne Führerschein (Schutzzweck der Norm)

Ohne Führerschein (Schutzzweck der Norm)

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A unternimmt mit dem SUV seines Vaters eine Spritztor auf der Elbchaussee. Er fährt ordnungsgemäß, aber ohne Führerschein. Auf der Höhe des Fähranlegers Teufelsbrück fährt er die ihm vor den Wagen springende 5-jährige M tot.

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Einordnung des Falls

Ohne Führerschein (Schutzzweck der Norm)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A hat sich objektiv sorgfaltspflichtwidrig verhalten, indem er ohne Führerschein fuhr (§ 222 StGB).

Genau, so ist das!

Der einschlägige Sorgfaltsmaßstab ergibt sich aus § 2 Abs. 1 S. 1 StVG bzw. § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG sowie § 2 Abs. 1 S. 3, § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. d) StVG i.V.m. § 4 Abs. 2 S. 2 FeV. Wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, bedarf danach einer Fahrerlaubnis und muss diese beim Fahren stets mitführen. A hat indes schon gar keinen Führerschein.
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2. A ist der Tod der M objektiv zuzurechnen.

Nein!

Bei Fahrlässigkeitsdelikten muss im Rahmen der objektiven Zurechnung auch ein Schutzzweckzusammenhang bestehen. Dieser ist nur gegeben, wenn der Erfolgseintritt innerhalb des Schutzzwecks der verletzten Sorgfaltspflicht liegt. Das ist nicht der Fall, wenn die verletzte Sorgfaltspflicht nicht aufgestellt ist, um die konkrete Erfolgsverursachung zu verhindern.Der Schutzbereich der Führerscheinpflicht erstreckt sich nicht auf die Verhinderung der hier gegebenen Todesverursachung. Die Fahrerlaubnis soll allein sicherstellen, dass der Verkehrsteilnehmer sich ordnungsgemäß im Straßenverkehr bewegen kann.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

QUIG

QuiGonTim

15.2.2022, 23:00:11

Ließe sich hier nicht auch argumentieren, dass der Fahrschüler im Rahmen der Fahrausbildung als Voraussetzung für das Erlangen der Fahrerlaubnis gerade für gefährliche Situationen, wie sie durch die Unberechenbarkeit von Kindern hervorgerufen werden können, sensibilisiert werden sollen?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

16.2.2022, 21:40:02

Hallo QuiGonTim, das lässt sich auf jeden Fall hören. Selbst ein gut ausgebildeter Kraftfahrer wird indes aufgrund des Bremsweges nicht in der Lage sein an einem plötzlich vor das Auto springende Kind vorbeizufahren. Anhaltspunkte dafür, dass es eine Möglichkeit gegeben hat, das Verhalten des Kindes zu antizipieren bzw. es überhaupt wahrzunehmen, sind dem Sachverhalt nicht zu entnehmen. Insofern spricht viel dafür, dass der fehlende Führerschein sich hier nicht ausgewirkt hat. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Devlin

Devlin

7.10.2022, 19:26:02

Die Antwort ist etwas falsch, entgegen des StVG. Gerade die Führerscheinpflicht (vgl. §2 Abs.5 Nr.2 ff. StVG) soll die Sicherheit gewährleisten. Auch wenn A ohne Führerschein gefahren ist und Verkehrsgemäß, kann es Objektiv sich im Erfolg niederschlagen, das A einen Unfall herbeiführt, gearde nicht als Führerscheininhaber. In der Fahrschule wird man gerade auf solche Gefahren vorbereitet ( Gefahrenbremsung, Verkehrsgerechtes Verhalten ect.).

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

10.10.2022, 10:51:48

Hallo Devlin, vielen Dank für Deinen Hinweis. In der Tat dient die Führerscheinpflicht dazu, die Fahrer darauf vorzubereiten sich ordnungsgemäß am Straßenverkehr zu beteiligen und auch in Gefahrsituationen richtig zu reagieren. D.h., wenn ein ausgebildeter Fahrer hier anders reagiert hätte, so wäre die Tötung A hier durchaus zuzurechnen. Im vorliegenden Fall geht es aber um die Konstellation, dass A wie ein ausgebildeter Fahrer gefahren ist. Da er selbst mit Führerschein hier keine Handlungsalternative gehabt hat, führt der Verstoß gegen die Führerscheinpflicht in diesem konkreten Fall gerade nicht dazu, dass hier ein

Zurechnungszusammenhang

besteht. Insoweit muss man stets den Sachverhalt sorgfältig auswerten. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Devlin

Devlin

10.10.2022, 11:02:22

Danke für deine Antwort Lukas. Ich selber tuhe mir mit der Antwort dennoch etwas schwer, nämlich mit der Frage ob ich ohne Führerschein und damit ohne jegliche Erfahrung aus der Praxis einer Fahrschule wirklich als gut ausgebildeter Fahrer abgestellt werden kann , unabhängig vielleicht von der Fallfrage ?. Natürlich kann man ohne Führerschein und illegalen Fahrens ein guter Fahrer sein und Erfahrung sammlen. Die Frage ob hier nicht der §21 StVG i.V.m §2 Abs.5 StVG subsidär an Stärkung gewinnt wäre zu beantworten. Gearde wie nochmal erwähnt, soll der Führerschein die Erfahrung aus der Fahrpraxis miteinbeziehen und stärken. VG

JALUD

Jan Ludwig

18.8.2024, 16:56:29

Meiner Meinung nach ist der Führerschein eher ein Dokument, das beweist, dass du in der zweimaligen Prüfungssituation (Theorie und Praxis), gezeigt hast, dass du Auto fahren kannst. Über die wirklichen Fähigkeiten zu einer späteren Zeit, sagt der Führerschein wohl eher weniger aus, vgl. die steigenden Unfallzahlen im Hinblick auf die ältere Bevölkerung.


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