Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Fahrlässigkeit

Fahrlässigkeit nach § 222 StGB: an Trunkenheit angepasstes Fahren

Fahrlässigkeit nach § 222 StGB: an Trunkenheit angepasstes Fahren

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die T fährt mit 1,5 Promille BAK aber sonst ordnungsgemäß, als die am Fahrbahnrand spielende 5-jährige M unvermittelt auf die Straße läuft und es zu einem tödlichen Unfall kommt. Bei einem ihrem Zustand angepassten Tempo, wäre dieser nicht passiert, indes schon, wenn T nicht betrunken gewesen wäre.

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Einordnung des Falls

Fahrlässigkeit nach § 222 StGB: an Trunkenheit angepasstes Fahren

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat sich objektiv sorgfaltspflichtwidrig verhalten, in dem sie unter Alkoholeinfluss Auto fuhr (§ 222 StGB).

Genau, so ist das!

Der einschlägige Sorgfaltsmaßstab ergibt sich aus § 316 StGB. Danach darf derjenige, der sich im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit befindet, kein Fahrzeug führen. Mit 1,5 Promille BAK ist T alkoholbedingt absolut fahruntüchtig. Gleichwohl fährt sie mit ihrem Auto.
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2. Der Tod der M war auch objektiv vorhersehbar.

Ja, in der Tat!

Die objektive Vorhersehbarkeit setzt voraus, dass der Erfolgseintritt sowie Kausalverlauf für einen Durchschnittsmenschen des jeweiligen Verkehrskreises absehbar gewesen ist. Für einen durchschnittlichen Autofahrer ist es nicht unvorhersehbar, dass auch beim ordnungsgemäßen Fahren unter Alkoholeinfluss am Straßenrand spielende Kinder unvermittelt auf die Fahrbahn laufen und es so zu mitunter tödlichen Unfällen kommen kann.

3. Nach einer Ansicht in der Literatur ist M´s Tod der T auch objektiv zurechenbar, da der Unfall auch passiert wäre, wenn T nicht betrunken gewesen wäre.

Nein!

Im Rahmen der objektiven Zurechnung muss ein Pflichtwidrigkeitszuammenhang bestehen. Dieser ist nur gegeben, wenn der missbilligte Erfolg objektiv vermeidbar war, wenn der Erfolg also auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeblieben wäre. Für das pflichtgemäße Alternativverhalten stellt ein Teil der Literatur auf das Verhalten eines nüchternen Fahrers ab. Auch wenn T nüchtern gefahren wäre, hätte sie den Unfall nicht vermeiden können. Der Unfall mit M wäre nach dieser Ansicht unvermeidbar gewesen.

4. Nach der Rechtssprechung besteht indes ein hinreichender Zusammenhang, weil T ihre Geschwindigkeit nicht ihrer herabgesetzten Fahrtüchtigkeit angepasst hat.

Genau, so ist das!

BGH: Maßgeblich ist unter Bezugnahme auf § 3 Abs. 1 S. 1, 2 StVO nur die Frage, wie schnell die Trunkenheitsfahrerin – abgesehen davon, dass sie überhaupt nicht am Verkehr teilnehmen durfte – angesichts ihrer herabgesetzten Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit nur hätte fahren dürfen, um auf Gefahren in der gleichen Zeit wie eine nüchterne Person reagieren zu können. Wäre T in einem ihren Zustand angepassten Tempo gefahren, hätte sie den Unfall vermeiden können. Gegen diese Ansicht spricht die so erhöhte Inpflichtnahme des betrunkenen Fahrers gegenüber dem nüchternen sowie das Anknüpfen an ein anderes pflichtwidriges Verhalten (Fahren unter Alkoholeinfluss vs. Fahren entgegen § 3 Abs. 1 S. 1, 2 StVO).
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