Konkrete Umstände der Haupttat
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A fordert seinen hochverschuldeten Kumpel T auf, Kaufhausdiebstähle oder Überfälle auf Banken zu begehen. Vier Wochen später bricht T in die Hamburger Privatbank M.M. Warburg ein, wird aber direkt erwischt.
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Einordnung des Falls
Konkrete Umstände der Haupttat
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A hat den objektiven Tatbestand des § 26 Abs. 1 StGB erfüllt. Hatte A auch Vorsatz bezüglich der von T begangenen Haupttat?
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Elias Von der Brelie
22.5.2023, 17:26:48
Nach welcher Norm wäre A Strafbar? Oder geht A hier völlig Straffrei aus?
ahimes
16.9.2023, 17:31:49
Paragraph 30 I StGB ?
Linne_Karlotta_
1.11.2024, 15:52:39
Hey, in der Tat würde A hier – mangels
Vorsatz(und somit auch mangels Tatentschlusses) bzgl. der konkreten Haupttat – straflos bleiben. Nicht jeder „unmoralische“ Ratschlag kann zu einer Strafbarkeit nach § 26 führen. Allein der Umstand, dass A den T hier auf die Idee gebracht haben mag, eine Straftat zu begehen, reicht noch nicht aus. Genau das soll mit der Erforderlichkeit des „Doppel
vorsatzes“ aus § 26 StGB sichergestellt werden. Eine Strafbarkeit nach § 30 Abs. 1 StGB käme in Betracht, wenn A tatsächlich (mit Tatentschluss) versucht hätte, T zur Begehung einer konkreten Tat zu bestimmen und die Haupttat von T nicht begangen worden wäre. Beim § 30 Abs. 1 StGB gilt es zu beachten, dass nur die
versuchte Anstiftungzu einem Verbrechen strafbar ist. Ein Diebstahl (§
242 StGB) als gewollte Haupttat würde hier also nicht reichen, ein Raub (§ 249 Abs. 1 StGB) hingegen schon (vgl. § 12 Abs. 1 StGB). Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team
Timonster
6.11.2024, 15:21:15
Wieso kommt hier keine (psychische) Beihilfe in Betracht?
Tinki
16.8.2024, 12:17:50
Würde man überhaupt bis zur Frage nach dem
Vorsatzkommen? Wird ein Bestimmen nach der Kommunikationtheorie bei einem solchen Rat bejaht? Also ist das Bestimmen iSv § 26 so weit auszulegen, dass es sich nicht um eine konkretere Tat handeln muss (bzgl.
Tatobjektzumindest)? Der Rat war ja ziemlich unkonkret...
Linne_Karlotta_
1.11.2024, 15:44:22
Hey @[Tinki](200906), danke für Deine Frage. Tatsächlich dürfte ein objektive „Bestimmen“ hier auch schon fragwürdig sein. Aber nicht deswegen, weil die A keine konkrete Vorstellung von der Haupttat hatte, sondern weil hier wohl noch kein ausreichender Grad an einer Beeinflussung des T erreicht ist. So z.B. bei Schönke/Schröder, StGB, 30.A. 2019, § 26 RdNr. 4: „Anstiftungshandlungen, die eine kommunikative Aufforderung zur Tat enthalten, können z.B. in der Beauftragung, der Überredung oder dem Versprechen einer Belohnung bestehen. Eine bloße Bitte oder Anregung genügt nur in besonderem sozialem Kontext. Auch
konkludente Aufforderungen kommen als Anstiftung in Betracht, wenn z.B. Fragen als versteckte Aufforderung mit sozialem Druck („Feigling“) zu verstehen sind. Rein informatorische Fragen ebenso wie bloße Tipps reichen dagegen nicht.“ In unserem Sachverhalt gab es in der Tat nicht ausreichend Anhaltspunkte dafür, um das Bestimmen anzunehmen bzw. wurde dies hier nicht näher geprüft, da der Fokus auf der Darstellung des subjektiven Tatbestands lag. Ich habe den Sachverhalt jetzt aber entsprechend angepasst. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team
Findet Nemo Tenetur
31.10.2024, 15:27:40
Könnte man hier die Figur des dolus alternativus andenken?
Linne_Karlotta_
1.11.2024, 16:04:49
Hey Karolin, danke für deine Frage. Das wäre hier tatsächlich nicht richtig. Es geht hier darum, dass A sich für eine Strafbarkeit nach § 26 StGB die Haupttat überhaupt konkret vorstellen und einen
Vorsatzbezüglich der Begehung dieser konkreten Tat durch T haben müsste. Dafür reicht es nicht aus, dass A sich – wie hier erfolgt – lediglich eine „Gattungsart“ von Straftaten vorstellt und T dazu auffordert, eine Tat dieser Art zu begehen (siehe z.B. Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 30.A. 2019, § 26 RdNRr. 18). A hat hier also keinen alternativen
Vorsatzbzgl. der Haupttat, sondern gar keinen. Der dolus alternativus setzt voraus, der Täter m
ehrere mögliche
Tathandlungen in Betracht zieht und sich für eine von ihnen entscheidet, wobei er die anderen möglichen Ergebnisse ebenfalls in Kauf nimmt. Dies würde i.R.v. § 26 StGB voraussetzen, dass A sich mindestens zwei verschiedene konkrete Taten vorstellen und T dazu auffordert, eine davon zu begehen. In diesem Fall wäre es A egal, welche konkrete Tat T umsetzt, er hätte aber
Vorsatzbzgl. der beiden Möglichkeiten. Ich hoffe, ich konnte dir damit weiterhelfen. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team