Haftung für eigenes Verschulden – Verantwortungsfähigkeit Kinder

23. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Ks siebenjährige Schwester S schält mit dem Messer einen Apfel. Als K sie auf eine vorbeifliegende Wespe aufmerksam macht, versucht S diese panisch mit ihrer Messerhand abzuwehren. Dabei sticht sie versehentlich in den Oberschenkel des daneben sitzenden E.

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Einordnung des Falls

Haftung für eigenes Verschulden – Verantwortungsfähigkeit Kinder

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. E könnte einen Anspruch auf Schadensersatz gegen S haben (§ 823 Abs. 1 BGB).

Ja!

Der Anspruch setzt voraus, dass (1) ein absolut geschütztes Recht des Geschädigten (2) kausal, (3) rechtswidrig und (4) schuldhaft durch den Schädiger verletzt wurde, wodurch dem Geschädigten ein (5) kausaler Schaden entstanden ist (§ 823 Abs. 1 BGB).
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2. S hat den objektiven Tatbestand verwirklicht und rechtswidrig gehandelt (§ 823 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Der objektive Tatbestand setzt voraus, dass ein absolut geschütztes Rechtsgut des Geschädigten kausal durch eine Handlung des Schädigers verletzt wurde. Bei aktivem Tun wird die Rechtswidrigkeit des Handelns indiziert.Die Abwehrbewegung der S kann nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg - in Form der Verletzung von Es Oberschenkel - entfiele. Der objektive Tatbestand liegt somit vor und indiziert die Rechtswidrigkeit der Handlung.

3. S müsste zudem schuldhaft gehandelt haben.

Ja, in der Tat!

Verschulden liegt vor, wenn der Schädiger verschuldensfähig ist und vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Das Verschulden im Deliktsrecht ist damit ähnlich zu dem "Vertretenmüssen" im Schuldrecht. Der Begriff des Vertretenmüssens ist allerdings weiter und kann auch eine strengere oder mildere Haftung (z.B. sogar für Zufall oder begrenzt auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit) umfassen. Die Verschuldensfähigkeit ist nur anzusprechen, wenn der Sachverhalt dafür Hinweise gibt, also zB wenn Minderjährige beteiligt sind.

4. Da S minderjährig ist, ist sie verschuldensunfähig.

Nein!

Das Gesetz differenziert bei Minderjährigen zwischen verschuldensunfähigen und beschränkt verschuldensfähigen Minderjährigen. Minderjährige, die das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind stets schuldunfähig (§ 828 Abs. 1 BGB). Minderjährige, die das siebte, aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, sind für ihr Handeln verantwortlich, außer, sie hatten bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht. S ist sieben Jahre alt und damit zumindest beschränkt schuldfähig.

5. S hat E fahrlässig verletzt.

Nein, das ist nicht der Fall!

Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Schädiger die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Die drohende Verwirklichung der Pflichtverletzung muss erkennbar und vermeidbar gewesen sein. Der Maßstab der Sorgfalt bestimmt sich objektiv nach den Fähigkeiten eines durchschnittlichen Angehörigen des betreffenden Verkehrskreises. BGH: Siebenjährige Kinder seien aufgrund ihres Alters und ihrer Entwicklungsstufe nicht in der Lage, trotz ihrer Angst vor dem herannahenden Insekt die mit der Abwehrbewegung verbundene Gefahr für eine daneben stehende Person zu erkennen und sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten.
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