Erfolgsqualifikation 10

12. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T möchte O erblinden lassen, um ihm einen Denkzettel zu verpassen, indem er ihm mit einer Gabel in die Augen sticht. Als er gerade unmittelbar dazu ansetzt, bemerkt er, dass die Gabel aus Gummi ist, wobei er keine andere Möglichkeit sieht. Er überlegt kurz, ob er O verprügelt, aber verbringt dann lieber Zeit mit seiner Familie.

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Einordnung des Falls

Erfolgsqualifikation 10

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Hinsichtlich der versuchten einfachen Körperverletzung (§§ 223 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB) liegt ein Fehlschlag vor.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Versuch gilt dann als fehlgeschlagen, wenn der Täter glaubt, dass er den Erfolg nicht mehr herbeiführen kann, ohne eine völlig neue Kausalkette in Gang zu setzen. T hätte die Tat weiterhin ausführen können, worüber er auch nachgedacht hat. Es liegt auch keine Sinnlosigkeit dahingehend vor, da ihm das Erblindenlassen zwar vorzugswürdig erschien, aber nicht die einzige Möglichkeit war, sein Ziel zu erreichen; also O einen Denkzettel zu verpassen.
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2. T ist von der einfachen Körperverletzung zurückgetreten.

Ja, in der Tat!

T hat von der weiteren Tatausführung Abstand genommen (§ 24 Abs. 1 S. 1 Var. 1 StGB), was bei einem unbeendeten Versuch ausreichend ist. Bei der Freiwilligkeit kommt es darauf an, was das bestimmende Motiv ist. Vorliegend konnte T weiterhandeln, hat aber aus einem autonomen Motiv heraus gehandelt, weil er seine Zeit anders verbringen wollte.

3. T ist damit auch von der schweren Körperverletzung zurückgetreten.

Ja!

Die Frage wurde bisher nicht erkennbar diskutiert. Das Problem ist, das hinsichtlich der Qualifikation ein Fehlschlag vorliegt. T sieht keine Möglichkeit, wie er den Erfolg noch herbeiführen kann. Dabei ist es unbeachtlich, dass er das auch anders hätte machen können. Auf der anderen Seite wird mit dem Rücktritt vom Grunddelikt der Qualifikation die Grundlage entzogen. Dies wird von der herrschenden Meinung auch dann angenommen, wenn die Qualifikation bereits verwirklicht wurde. Dementsprechend muss hier das Gleiche gelten. Ein anderes Ergebnis wäre auch in der Rechtsfolge schwierig, da nur der Strafrahmen der Qualifikation verbleibt, obwohl nicht einmal das Grunddelikt erfüllt ist. Es kann jedoch durch den Fehlschlag beim Erfolgsdelikt auch hinsichtlich des Grunddeliktes ein Fehlschlag vorliegen, oder die Freiwilligkeit entfallen. Dafür kommt es auf den Einzelfall an.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Juraluchs

Juraluchs

18.5.2023, 15:47:14

Tolles Problemgespür, dazu konnte ich auch quasi nichts finden, mit der Ausnahme eines Aufsatzes von Mitsch, DGStZ 2022, 29 (35). Vielleicht nimmt man einige Argumente von ihm dazu? Die selbst überlegten sind auch schön, aber könnten an manchen Stellen noch etwas sauberer formuliert sein. Z.B. bin ich mir mit dem Erst-Recht-Schluss nicht so sicher, da wertungsmäßig der erfolgsqualifizierte Versuch und Versuch der Erfolgsqualifiaktion schon stark auseinanderfallen. Beim Rechtsfolgenargument darf man nicht vergessen, dass, wenn man den Fehlschlag denn annimmt, dies natürlich insgesamt gelten müsste, also auch der Rücktritt vom Grunddelikt gesperrt wird und dieses somit (im Versuch) strafbar ist. Liebe Grüße und danke für diesen interessanten Denkanstoß!


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