Nötigung durch Missachtung der Vorfahrt

19. Mai 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T will auf die Autobahn auffahren, auf der O bereits mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h fährt. Os Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug beträgt 60m. Hinter O folgen in kürzerem Abstand weitere Autos. Auf der linken Fahrspur fahren andere, schnellere Fahrzeuge. T beschleunigt zum Auffahren auf 90 km/h und biegt in einem Abstand von wenigen Metern vor O auf die rechte Fahrspur. O hupt und bremst stark. Eine konkrete Gefährdung tritt nicht ein.

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Einordnung des Falls

Nötigung durch Missachtung der Vorfahrt

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem T sich beim Auffahren unmittelbar vor O einordnet, übt er Gewalt aus (§ 240 Abs. 1 Var. 1 StGB).

Ja!

Der klassische Gewaltbegriff setzt voraus, dass der Täter (1) durch körperliche Kraftentfaltung (2) Zwang ausübt, indem er auf den Körper eines anderen einwirkt, (3) um geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden. Das Einordnen auf der rechten Fahrspur in einem Abstand von nur wenigen Metern vor dem Fahrzeug des O stellt körperlich wirkenden Zwang dar, da dieser stark abbremsen muss.
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2. Die Handlung des T ist auch als verwerflich einzustufen (§ 240 Abs. 2 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Verwerflich ist eine Verhaltensweise, wenn die Gewaltanwendung oder die Drohung zu dem beabsichtigten Zweck in einem auffallenden Missverhältnis stehen. Dabei muss das Missverhältnis derart auffällig sein, dass die Verhaltensweise als sozialethisch missbilligenswert anzusehen ist, d.h. von einem verständigen Dritten als sozial unerträglich, als strafwürdiges Unrecht empfunden wird.Da es sich bei dem Auffahren auf die rechte Spur um einen einmaligen Vorfall handelt, reicht dieses Verhalten noch nicht aus, um eine Verwerflichkeit (§ 240 Abs. 2 StGB) anzunehmen. Somit liegt noch kein sozialethisch missbilligenswertes Verhalten vor. Das entspräche auch nicht der gesetzgeberischen Konzeption, auch vorsätzliche Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung nur als Ordnungswidrigkeiten zu ahnden (BGHSt 18, 389 (391)).
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