Der wirkliche Wille des Geschäftsherrn ist nicht ermittelbar


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die G beobachtet, wie der Hund der Nachbarin N von dieser unbemerkt durch das offene Fenster nach draußen springt und davon rennt. Als G versucht, das Tier für die N wieder einzufangen, beißt der Hund sie in die Hand.

Einordnung des Falls

Der wirkliche Wille des Geschäftsherrn ist nicht ermittelbar

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Grundvoraussetzungen einer echten GoA nach § 677 BGB sind erfüllt.

Ja, in der Tat!

Nach § 677 BGB setzen Ansprüche aus echter GoA (egal, ob berechtigt oder unberechtigt) voraus, dass ein Geschäftsführer (1) ein fremdes Geschäft (2) mit Fremdgeschäftsführungswillen ausführt, (3) ohne vom Geschäftsherrn beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein. Das Einfangen des Hundes der N ist ein reines Geschäft der N und damit für G objektiv fremd. Der Fremdgeschäftsführungswille wird vermutet. N hat die G weder dazu beauftragt, noch war die G gegenüber N sonst dazu berechtigt. Vielmehr wusste N gar nicht, dass ihr Hund entwischt ist.

2. Die GoA ist berechtigt im Sinne des § 683 S. 1 BGB.

Ja!

Eine GoA ist nach § 683 S. 1 BGB berechtigt, wenn sie dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht. Der wirkliche Wille des Geschäftsherrn ist dabei stets vorrangig zu prüfen. Sein mutmaßlicher Wille wird erst relevant, wenn sein wirklicher Wille nicht ermittelbar ist, weil er diesen nicht geäußert hat. Der mutmaßliche Wille des Geschäftsherrn ergibt sich in der Regel aus seinem objektiven Interesse. Da N gar nicht bemerkte, wie ihr Hund entwischte, konnte sie auch keinen Willen bezüglich des Einfangens des Tieres äußern. Das Einfangen entspricht jedoch ihrem mutmaßlichen Willen.

3. Kann G die Heilbehandlungskosten für die Bisswunde an ihrer Hand von N ersetzt verlangen, obwohl sie die Wunde nicht freiwillig erlitten hat?

Genau, so ist das!

Nach der üblichen Aufwendungsdefinition sind Vermögensschäden keine Aufwendungen, da sie unfreiwillige Vermögensopfer darstellen. Nach h.M. zählen aber auch sog. risikotypische Begleitschäden als Aufwendungen im Sinne des § 670 BGB analog. Der fremdnützig tätige Geschäftsführer soll über den unentgeltlichen Einsatz seiner Arbeitskraft hinaus nicht auch noch das typische Geschäftsrisiko tragen. Der Hundebiss ist ein typischer Personenschaden, der beim Einfangen eines Hundes entstehen kann. Es handelt sich somit um einen risikotypischen Begleitschaden. Damit handelt es sich um eine Aufwendung nach § 670 BGB analog.

4. Bei einer berechtigten GoA kann der Geschäftsführer Ersatz der ihm entstandenen Aufwendungen verlangen (§§ 677, 683 S. 1, 670 BGB).

Ja!

Sind die Anspruchsvoraussetzungen der berechtigten GoA erfüllt, so schuldet der Geschäftsherr Aufwendungsersatz nach § 670 BGB. Aufwendungen sind in erster Linie freiwillige Vermögensopfer, die der Geschäftsführer zum Zweck der Ausführung auf sich nimmt oder die sich als notwendige Folge derGeschäftsführung ergeben.

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