Zivilrecht

Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)

Die echte GoA – Rechtsfolgen

Unbeachtlichkeit eines entgegenstehenden wirklichen Willens - § 679 Alt. 2 BGB

Unbeachtlichkeit eines entgegenstehenden wirklichen Willens - § 679 Alt. 2 BGB

16. April 2025

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Eltern der 8-jährigen K sind geschieden. K lebt bei ihrem Vater V und seiner Freundin F. Da ihre Mutter M weder den von ihr geschuldeten Unterhalt für V, noch denjenigen für K bezahlen will, sorgt F finanziell für V und K und deckt die erforderlichen Ausgaben.

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Einordnung des Falls

Unbeachtlichkeit eines entgegenstehenden wirklichen Willens - § 679 Alt. 2 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Grundvoraussetzungen einer echten GoA nach § 677 BGB sind erfüllt. Entsprach Fs finanzielle Unterstützung Ms wirklichen Willen?

Nein!

Jeder Anspruch aus echter GoA setzt zunächst voraus, dass die Voraussetzungen des § 677 BGB vorliegen: Indem F finanziell für V und K sorgt, besorgt sie das Geschäft der M, da diese eigentlich nach den §§ 1569ff. zum Scheidungsunterhalt bzw. nach den §§ 1601ff. BGB zum Verwandtenunterhalt/Kindesunterhalt verpflichtet wäre. Der Fremdgeschäftsführungswille wird vermutet. F wurde nicht von M beauftragt oder ist ihr gegenüber sonst dazu berechtigt. Ein Anspruch der F gegen M aus §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB setzt voraus, dass die GoA berechtigt ist. Dies richtet sich vorrangig nach dem wirklichen Willen des Geschäftsherrn (§ 683 S. 1 BGB). M weigert sich, den geschuldeten Unterhalt zu bezahlen. Die Geschäftsübernahme widerspricht daher Ms zum Ausdruck gebrachten wirklichen Willen.
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2. Die Übernahme der Geschäftsführung durch F entsprach nicht Ms wirklichen Willen. Kann die GoA durch F daher nur unberechtigt gewesen sein?

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine berechtigte GoA liegt trotz eines der Geschäftsführung entgegenstehenden wirklichen Willens des Geschäftsherrn vor, wenn der Wille des Geschäftsherrn nach § 679 BGB unbeachtlich ist. Nach § 679 BGB ist dies unter anderem dann der Fall, wenn ohne die Geschäftsführung eine gesetzliche Unterhaltspflicht des Geschäftsherrn nicht rechtzeitig erfüllt werden würde. Gesetzliche Unterhaltspflichten im Sinne des § 679 BGB sind solche des Familien- und Erbrechts. Die Unterhaltspflichten der M (§§ 1569ff., §§ 1601ff. BGB) sind gesetzliche Unterhaltspflichten im Sinne des § 679 BGB. Ohne Fs finanzielle Unterstützung würden diese nicht rechtzeitig erfüllt. Weitere gesetzliche Unterhaltspflichten im Sinne des § 679 BGB wären der Ehegattenunterhalt (§§ 1360ff. BGB), der Trennungsunterhalt (§ 1361 BGB).

3. F durfte die Ausgaben für V und K von M für erforderlich halten. Hat F einen Anspruch nach §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB gegen M?

Ja, in der Tat!

Nach §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB hat der Geschäftsführer einer berechtigten GoA einen Anspruch auf Ersatz derjenigen Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Nach § 683 S. 2 BGB gilt dies auch für diejenigen Fälle, in denen der wirkliche Wille des Geschäftsherrn zwar entgegen steht, jedoch nach § 679 BGB unbeachtlich ist. F durfte die Ausgaben für V und K für erforderlich halten. Wonach Du bemessen kannst, ob der Geschäftsführer die Aufwendungen für erforderlich halten durfte, schauen wir uns später noch genauer an!
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