Rechtsgeschäftliche Beziehung durch Bankauskunft über Vermögensverhältnisse eines Dritten?


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A plant die Durchführung eines großen Projektes. Landrat U, der selbst kein eigenes Interesse hat sich hieran zu beteiligen, fragt die Bank B während eines örtlichen Volksfestes nach einer Auskunft über die Vermögensverhältnisse des A. Er will vor allem erfahren, ob das Projekt finanziell abgesichert ist. B gibt die erbetene Bankauskunft.

Einordnung des Falls

Rechtsgeschäftliche Beziehung durch Bankauskunft über Vermögensverhältnisse eines Dritten?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Zwischen U und B besteht ein Auskunftsvertrag (§ 631 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

U und B könnten konkludent einen Auskunftsvertrag geschlossen haben. Bei einem Auskunftsvertrag handelt es sich um einen Werkvertrag (§ 631 BGB). Geschuldet ist ein konkreter Erfolg – nämlich die Erteilung der Auskunft. Ein entsprechender (Auskunfts-) Vertrag kommt nach gefestigter Rechtsprechung zustande, wenn die Auskunft der Bank für den Anfragenden erkennbar von erheblicher Bedeutung ist und er sie zur Grundlage wesentlicher Vermögensverfügungen machen will. Ein entsprechender Rechtsbindungswille, sich vertraglich zu binden, ist den Äußerungen von U und B hier aber nicht zu entnehmen. Denn U hatte gerade kein eigenes Interesse im Hinblick auf das geplante Projekt. Es besteht kein Vertrag.

2. Zwischen U und B besteht ein rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis (§ 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB).

Ja, in der Tat!

Ein rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis entsteht durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen (Nr. 1), die Anbahnung eines Vertrags, (Nr. 2) oder ähnliche geschäftliche Kontakte (Nr. 3). Zwischen B und U hat weder eine Vertragsverhandlung, noch eine Vertragsanbahnung stattgefunden. Bei ähnlichen geschäftlichen Kontakten handelt es sich um einen Auffangtatbestand, bei dem bereits vor Vertragsanbahnung die Einwirkung auf Rechtsgüter der anderen Partei möglich wird. Als Mindestmaß wird geschäftliches Handeln vorausgesetzt. Bankauskünfte sind stets erfasst. Ein vorvertragliches Schuldverhältnis liegt vor.

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ZAV

Zavviny

19.9.2020, 15:10:10

Eine Bank wird ohne vertragliche Beziehung nie diese Auskunft erteilen. Rechtsbindungswille +, ob jetzt Werkvertrag, Auftrag oder Geschäftsbesorgung kommt auf den Einzelfall an.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

6.5.2021, 11:17:12

Hallo Zaviny, du hast natürlich recht, dass die Frage des Rechtsbindungswillen immer maßgeblich vom Einzelfall abhängig ist. Der Fall basiert letztlich aber tatsächlich auf einem Originalfall der vor dem BGH gelandet ist und wo der Vorstandssprecher einer Bank in "euphorischer Stimmung" im Rahmen eines Erntedankfestes entsprechende Informationen an den örtlichen Landrat weitergab. In der Praxis scheinen auch Banken also nicht immer die notwendige Vorsicht im Hinblick auf sensible Informationen walten zu lassen :D. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

THEL

TheLama

26.5.2023, 15:17:35

Hallo Lukas, aber Landrat ist immernoch anders als irgendein U. Wenn in eurem Fall ein Landrat erwähnt würde, könnte ich nachvollziehen warum kein Rechtsbindungswille vorliegen könnte, so wie der fall bisher ist, ist eure argumentation für mich nicht nachvollziehbar.

JO

Jose

23.7.2021, 12:38:50

Würde sagen bei § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB passt der Begriff "vorvertragliches Schuldverhältnis" nicht, weil ja bisweilen, wie hier zB, überhaupt kein Vertrag angestrebt wird (auch nicht potentiell) und man sich dementsprechend nicht vor Vertragsschluss befindet.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

23.12.2021, 12:07:24

Danke für den Hinweis, Jose. Wir haben das nun präzisiert und insoweit die Terminologie des § 311 BGB (rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnisse) übernommen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

HAGE

hagenhubl

4.5.2024, 10:32:02

Gehört der Fall nicht ins öffentliche Recht?

HAS

hasso25

9.6.2022, 22:16:11

Ich finde den rechtsgeschäftähnlichen Kontakt hier etwas schwierig. Der U steht nach Sachverhalt weder mit der Bank in einem derartigen Kontakt, noch ist die von ihm geforderte Auskunft in seiner Interessensphäre. Insbesondere letzteres schließt eine Schutzbedürftigkeit des U allein wegen der Teleologie des § 241 II aus. Man kann ja nicht einmal damit argumentieren, dass das Gespräch in dem Räumlichkeiten der Bank stattfand…

Nora Mommsen

Nora Mommsen

15.6.2022, 20:40:41

Hallo Hasso25, der Fall des ähnlichen geschäftlichen Kontakts ist ein Auffangtatbestand. Darunter fallen Kontakte, bei denen die Einwirkung auf die Rechtsgüter des anderen Teils möglich wird. Dieser soll unter anderem die Phase vor Vertragsanbahnung abdecken. Schutzbedürftigkeit ist hier nicht vorausgesetzt, anders als beim Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

/Q

/qwas

21.6.2023, 15:25:29

Inwiefern ist hier eine Einwirkung auf die Rechtsgüter des anderen Teils möglich?


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