Vorvertragliches Schuldverhältnis: Mitteilung über Produktionsverfahren einer Brennstoffzelle


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Hersteller H hat eine neue Brennstoffzelle entwickelt. Er wendet sich an den Automobilhersteller A, der die Brennstoffzelle in seine Autos einbauen könnte. H teilt auf As Verlangen das Produktionsverfahren mit. A verwendet das Wissen für die eigene Produktion.

Einordnung des Falls

Vorvertragliches Schuldverhältnis: Mitteilung über Produktionsverfahren einer Brennstoffzelle

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Zwischen H und A ist ein Vertrag zustande gekommen.

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Vertrag entsteht durch zwei inhaltlich übereinstimmende Willenserklärungen, Angebot und Annahme (§§ 145, 147 BGB). H und A haben sich bisher nur über das Produkt unterhalten. Keiner der beiden hat bisher eine Willenserklärung abgegeben. Somit besteht kein Vertrag zwischen H und A.

2. Zwischen H und A besteht ein vorvertragliches Schuldverhältnis (§ 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB).

Ja!

Ein vorvertragliches Schuldverhältnis entsteht: durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen (Nr. 1), die Anbahnung eines Vertrags, , bei der eine Partei der anderen die Möglichkeit der Einwirkung auf ihre Rechtsgüter und Interessen gewährt (Nr. 2) oder ähnliche geschäftliche Kontakte (Nr. 3). Für eine Vertragsanbahnung genügt die Aufnahme von Vorgesprächen, durch die die Möglichkeit späterer vertraglicher Beziehungen ausgelotet werden soll, soweit damit Einwirkungsmöglichkeiten auf die Rechts- und Interessensphäre des anderen Teils verbunden sind. Das ist hier der Fall. H hat A sein Produktionsverfahren erklärt.

3. Mit dem vorvertraglichen Schuldverhältnis entstehen für H und A Schutz- und Rücksichtnahmepflichten (§§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB).

Genau, so ist das!

Das vorvertragliche Schuldverhältnis verpflichtet die Parteien zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils (culpa in contrahendo). Bei einem Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht, ergibt sich ein Schadenersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB und nicht bloß aus § 823 Abs. 1 BGB. Für die Parteien ist dies relevant, weil § 823 Abs. 1 BGB – anders als § 280 Abs. 1 BGB – nur absolute Rechte schützt und der Geschädigte die Beweislast für ein Verschulden des Schädigers trägt. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet hingegen das Vertretenmüssen des Schädigers (sog. Beweislastumkehr).

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LEA

Lea

4.12.2023, 13:19:22

Würde man ein vorvertragliches Schuldverhältnis auch in dem Fall annehmen? Jemand ist in einem Bekleidungsgeschäft, lässt Ware zurücklegen, holt diese nicht ab bzw. kauft diese nicht. Die Ware hätte in der Zeit auch an andere, die danach gefragt haben, verkauft werden können.

Bubbles

Bubbles

4.12.2023, 13:54:50

Ja, ich denke schon. Dabei dürfte es sich um eine Vertragsanbahnung iSd § 311 II Nr. 2 handeln. Das erinnert mich auch an den Fall bzgl einer Tischreservierung: https://applink.jurafuchs.de/Pd8hB5vUfFb

HAGE

hagenhubl

4.5.2024, 10:34:18

Die Kleidung frisst aber kein Brot und kann später noch verkauft werden.


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