Zivilrecht
Schuldrecht Allgemeiner Teil
Entstehung von Schuldverhältnissen
Vorvertragliches Schuldverhältnis: Mitteilung über Produktionsverfahren einer Brennstoffzelle
Vorvertragliches Schuldverhältnis: Mitteilung über Produktionsverfahren einer Brennstoffzelle
12. Februar 2025
7 Kommentare
4,6 ★ (36.816 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Hersteller H hat eine neue Brennstoffzelle entwickelt. Er wendet sich an den Automobilhersteller A, der die Brennstoffzelle in seine Autos einbauen könnte. H teilt auf As Verlangen das Produktionsverfahren mit. A verwendet das Wissen für die eigene Produktion.
Diesen Fall lösen 91,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Vorvertragliches Schuldverhältnis: Mitteilung über Produktionsverfahren einer Brennstoffzelle
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Zwischen H und A ist ein Vertrag zustande gekommen.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Zwischen H und A besteht ein vorvertragliches Schuldverhältnis (§ 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
Ja!
3. Mit dem vorvertraglichen Schuldverhältnis entstehen für H und A Schutz- und Rücksichtnahmepflichten (§§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB).
Genau, so ist das!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Lea
4.12.2023, 13:19:22
Würde man ein
vorvertragliches Schuldverhältnisauch in dem Fall annehmen? Jemand ist in einem Bekleidungsgeschäft, lässt
Warezurücklegen, holt diese nicht ab bzw. kauft diese nicht. Die
Warehätte in der Zeit auch an andere, die danach gefragt haben, verkauft werden können.

Bubbles
4.12.2023, 13:54:50
Ja, ich denke schon. Dabei dürfte es sich um eine
VertragsanbahnungiSd § 311 II Nr. 2 handeln. Das erinnert mich auch an den Fall bzgl einer Tischreservierung: https://applink.jurafuchs.de/Pd8hB5vUfFb
hagenhubl
4.5.2024, 10:34:18
Die Kleidung frisst aber kein Brot und kann später noch verkauft werden.
benjaminmeister
29.11.2024, 11:04:09
@[Bubbles](216309) sehe das genauso. Bei Kleidung könnte man zunächst argumentieren, dass der Verkäufer vielleicht das Kleidungsstück mehrfach vorrätig hat und dann schon gar kein Schaden eintritt, wenn es nicht mehr abgeholt wird, weil kein Verkauf ausgeblieben ist. Handelt es sich hingegen um das letzte Kleidungsstück einer Kollektion könnte das schon wieder anders aussehen. Aber hier wird man wohl sagen müssen, dass wenn es dem Verkäufer wirklich darauf ankommt, kein weiteres Geschäft ausschlagen zu müssen, dass er dies ausreichend kommunizieren oder eben einen bereits wirksamen Vertrag abschließen muss. Den maßgebliche Unterschied zum Tischreservierungsfall sehe ich darin, dass im Restaurant nach Ausbleiben der Gäste, die Einnahmen wegen
Unmöglichkeitnicht mehr nachgeholt werden können (für diesen spezifischen Zeitraum). Beim zurückgelegten Kleidungsstück hingegen bleibt die Sache ja erhalten und der Verkäufer kann seine Leistungsmöglichkeit weiterhin (nur zu einem anderen Zeitpunkt) verwerten. Also ein
vorvertragliches Schuldverhältniskann man annehmen, aber ein Schaden durch das ausbleibende Abholen wird a) sehr selten eintreten und b) dürfte eine verletzbare Schutzpflicht nicht so leicht zu konstruieren sein, wie bei der Tischreservierung.
cornelius.spans
30.11.2024, 23:07:32
Hi, zusätzlich zu den Ausführungen von @[benjaminmeister](216712) müsste man sich noch mit der Frage beschäftigen, was denn die aus dem vorvertraglichen
Schuldverhältnisresultierenden Pflichten des Reservierenden sind. Ähnlich des Tischreservierungsfalls dürften sich die Rücksichtnahmepflichten durch die Reservierung des Kleidungsstücks darauf beschränken, dass die Reservierung aufgehoben wird, sobald die Entscheidung getroffen wurde, das Kleidungsstück nicht kaufen zu wollen. Darüber hinaus gehende Pflichten können schon deshalb nicht bestehen, weil eine Reservierung obj. erkennbar offen lässt, ob es später zu einem Kauf kommt. Sollte dann aber wegen der verspäteten Absage ein Einzelstück an einen Käufer, der genau in der Zeit konkret anfragt und dann später kein Interesse mehr hat und das Stück auch anderweitig mangels potentiellen Käufern nicht mehr verkauft wird, dann könnte man über einen Schadensersatz bzgl. des negativen Interesses nachdenken. MfG
Paul Hendewerk
4.12.2024, 11:03:06
Besonders gelungen finde ich an dieser Aufgabe die Gegenüberstellung der beiden häufig in Betracht kommenden SE-Anspruchsgrundlagen (§§ 280 I, 311 II, 241 II BGB auf der einen und
§ 823I BGB auf der anderen Seite) sowie das Aufzeigen der Unterschiede:
§ 823I BGB schützt nur
absolute Rechte, dagegen ist der Schutz von §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB umfassend; bei
§ 823I BGB trägt der Geschädigte die Beweislast für ein Ver
schulden des Schädigers, dagegen nimmt
§ 280 I 2 BGBeine
Beweislastumkehrzu Gunsten des Geschädigten vor. Sehr gelungen, vielen Dank!

Linne_Karlotta_
4.12.2024, 20:10:24
Hallo Paul Hendewerk, vielen Dank für dein Lob! Deine positive Rückmeldung motiviert uns, weiterhin unser Bestes zu geben. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team