Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Versuch und Rücktritt
Versuch und Rücktritt: Grob unverständiger Versuch nach § 23 Abs. 3 StGB
Versuch und Rücktritt: Grob unverständiger Versuch nach § 23 Abs. 3 StGB
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T möchte ihren Mann O vergiften. Dafür nimmt sie Insektengift und sprüht dieses zweimal je eine Sekunde auf das Brot ihres Mannes, welches sie diesem daraufhin gibt. Dieser spuckt das Brot nach dem ersten Biss aufgrund des bitteren Geschmacks aus. Für eine tödliche Wirkung wäre die 100-fache Menge erforderlich gewesen.
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Einordnung des Falls
Versuch und Rücktritt: Grob unverständiger Versuch nach § 23 Abs. 3 StGB
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Versuch eines Totschlags (§ 212 Abs. 1 StGB) ist strafbar.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. T hat „Tatentschluss“ bezüglich eines Totschlags.
Genau, so ist das!
3. T hat „unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt“, indem sie O das Brot gegeben hat.
Ja, in der Tat!
4. T handelte rechtswidrig und schuldhaft.
Ja!
5. Nach dem BGH liegt ein grob unverständiger Versuch (§ 23 Abs. 3 StGB) vor.
Nein, das ist nicht der Fall!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Giulio
12.9.2022, 12:51:39
Wieso kann das Essen des Brotes durch O als unwesentlicher Zwischenschritt angesehen werden? Sollte man nicht, zumindest kurz, die Problematik des Tatmittlers gegen sich selbst ansprechen?
Nora Mommsen
13.9.2022, 11:56:39
Hallo Giulio, dies ist eine mitunter schwierige Abgrenzungsfrage. Hilfreich kann an dieser Stelle immer sein zu fragen: ist es quasi der natürliche Verlauf, dass diese Handlung vorgenommen wird oder ist es ein unwägbarer Faktor. Wird z.B. eine Bombe an einen Lichtschalter gekoppelt, der sich neben der Wohnungstür befindet, stellt die Betätigung des Schalters durch das Opfer lediglich einen unwesentlichen Zwischenschritt dar. Das der Schalter betätigt wird, ist quasi sicher. Genauso hier, T bereitet dem O Essen zu und stellt es ihm zu Verzehr hin. Dass O noch eine Gabel aufnehmen musste und diese in seinen Mund schieben musste, ist quasi sicher vorhersehbares Geschehen. Daher stellt es einen unwesentlichen Zwischenschritt dar. Anders, wenn sie z.B. das Gift in einer Flasche Wasser verstecken würde, die ihr Mann immer auf Wandertouren mitnimmt und dieser erst noch den Entschluss zur nächsten Tour fassen muss und aufbrechen muss. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team