Grob unverständiger Versuch 3
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T fühlt sich berufen, das deutsche Reich von der Deutschland GmbH zu befreien. Zum Anfang möchte sie dafür ein Flugzeug zum Absturz bringen. Dafür schießt sie mit ihrem hochwertigen Compoundbogen auf ein fliegendes Flugzeug. Der Pfeil erreicht dieses nicht.
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Einordnung des Falls
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Versuch eines Totschlags (§ 212 Abs. 1 StGB) ist strafbar.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. T hat „Tatentschluss“ bezüglich eines Totschlags.
Ja!
3. T hat durch Schießen des Pfeils „unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt“.
Genau, so ist das!
4. T handelte rechtswidrig und schuldhaft.
Ja, in der Tat!
5. Der Versuch ist grob unverständig (§ 23 Abs. 3 StGB).
Ja!
6. Nach herrschender Meinung ist daher von Strafe abzusehen.
Genau, so ist das!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
L. H.
8.1.2021, 12:36:36
Meine persönliche Meinung ist, dass ich ein komplettes Absehen von Strafe in diesem Fall für fragwürdig hielte. Selbstverständlich und völlig zurecht gibt es in Deutschland keine Gesinnungshaft, allerdings hätte der verblendete Reichsbürger hier ja ein Staatsschutzdelikt in Tateinheit mit mehrfachem Totschlag/Mord versucht. Alternativ würde sich realweltlich aber vielleicht die Frage nach der Schuldfähigkeit und darauf aufbauend nach eventuellen Maßnahmen der Besserung und Sicherung aufdrängen.
L. H.
8.1.2021, 12:38:50
*Maßregeln
t o m m y
8.1.2021, 12:45:21
also nicht unter 3 jahre freiheitsstrafe (versuchter mord = 49 I nr. 1 stgb), keine bewaehrung moeglich, für: mit pfeil und bogen auf ein flugzeug schießen? schuldangemessen faend ich das nicht
L. H.
8.1.2021, 12:53:14
Da geb ich dir Recht, das klingt nicht angemessen. Andererseits wird die Person nun vielleicht erkannt haben, dass er nächstes Mal statt auf ein Flugzeug vielleicht doch lieber auf einen Zug schießt etc. Ihn also komplett "ungeschoren" davonkommen zu lassen, fühlt sich aus meiner Sicht deshalb nicht richtig an. Selbstverständlich kann man argumentieren, dass die Sicherheits
behörden ihn ja spätestens jetzt als Gefährder etc. auf dem Schirm haben, erstens gilt dies soweit ich weiß aber auch für viele Personen, die selbst noch nie ein Staatsschutzdelikt versucht haben, denen man das also bloß zutraut, und zweitens vermag eine Beobachtung häufig leider auch nicht ausreichend vor Anschlägen zu schützen. Daher wäre ich bei diesem zum Glück fiktiven Fall ein wenig ratlos :)
t o m m y
8.1.2021, 12:58:51
vielleicht gibt es ja auch noch andere sanktionsrechtliche moeglichkeiten, um zu einem vernuenftigeren ergebnis zu kommen - gut möglich, keine ahnung. ob das harte strafrecht (ultima ratio...) hier aber ueberhaupt das richtige, angemessenes instrument ist, da habe ich grosse zweifel...
L. H.
8.1.2021, 13:02:54
Da stimm ich dir zu.
ehemalige:r Nutzer:in
23.1.2021, 01:42:42
Das Strafrecht dient jedoch der Strafe und nur mittelbar der Prävention, auch wenn diese im Rahmen der Strafzumessung möglicherweise Berücksichtigung findet. Dennoch ist die Tat kein hinreichendes Unrecht was zu bestrafen ist und dass sich das später ändern könnte und dann schlimmere und gefährlichere Versuche in Betracht kommen, wirkt sich auf die aktuelle Tat nicht aus. Ansonsten sehe ich das auch so dass ein so ungefährlicher Fall ins Gesinnungsstrafrecht auslaufen kann und es ist ausnahmsweise ein Musterbeispiel für den grob unverständlichen Versuch. Sonst wird mit einem Luftgewehr geschossen. Die rechte Gesinnung dahinter ist auch unbeachtlicj
DeliktusMaximus
27.9.2024, 20:37:15
Wenn jemand mit einem Combound-Bogen durch den Garten rennt und Pfeile in den Himmel schiesst, um ein Flugzeug abzuschiessen und hunderte von Menschen (nach seiner Vorstellung) töten zu wollen, finde ich es ziemlich bizarr, den Täter einfach straflos gehen zu lassen.