Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Fahrlässigkeit

Fahrlässigkeit: Herkunft der Sorgfaltspflichten – Allgemeiner Maßstab des Durchschnittsbürgers

Fahrlässigkeit: Herkunft der Sorgfaltspflichten – Allgemeiner Maßstab des Durchschnittsbürgers

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Halterin H überlässt ihren Pkw regelmäßig ihrem Mitarbeiter M. Jährlich lässt sie sich Ms Führerschein vorzeigen und verpflichtet diesen, ihr einen etwaigen Verlust umgehend mitzuteilen. Als sie M nun den Pkw überlässt, verschweigt M, dass ihm vor kurzem die Fahrerlaubnis entzogen wurde.

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Einordnung des Falls

Fahrlässigkeit: Herkunft der Sorgfaltspflichten – Allgemeiner Maßstab des Durchschnittsbürgers

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Eine Strafbarkeit wegen fahrlässigen Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis setzt eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung voraus (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 StVG).

Ja, in der Tat!

Nach der Rspr. und hL setzt die Verwirklichung eines Fahrlässigkeitsdelikts zentral voraus, dass der Täter eine objektive Sorgfaltspflicht verletzt. Wann eine Sorgfaltspflichtverletzung vorliegt, ergibt sich allerdings nicht aus der verletzten Strafnorm selbst, sondern muss aus externen Quellen bestimmt werden. In Betracht kommen gesetzliche Sondernormen, die Standards und Gepflogenheiten bestimmter Verkehrskreise oder der allgemeine Maßstab des Durchschnittsbürgers.
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2. Die Sorgfaltspflichten der H bei der Überlassung ihres Autos richten sich nach dem allgemeinen Maßstab des Durchschnittsbürgers in der konkreten Situation des Täters.

Ja!

Mangels gesetzlicher Sondernormen oder bereichsspezifischer Standards ist vorliegend der allgemeine Maßstab des Durchschnittsbürgers anzuwenden. Danach ergibt sich das Maß der anzuwendenden Sorgfalt daraus, wie sich ein gewissenhafter, besonnener Durchschnittsbürger in der konkreten Situation und sozialen Rolle des Täters verhalten würde. Es erfolgt eine zweistufige also objektiv-individuelle Festlegung des Sorgfaltsmaßstabs. Dabei ist eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen.

3. Indem H sich nicht erneut den Führerschein hat vorzeigen lassen, hat sie sich objektiv sorgfaltswidrig verhalten.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Fahrzeughalter muss vor der Überlassung seines Pkw an einen Dritten prüfen, ob dieser im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis ist. Dafür muss er sich grundsätzlich den Führerschein vorlegen lassen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn er bereits vorher auf anderem Wege über die Fahrerlaubnis Kenntnis erlangt hat und keine entgegenstehenden besonderen Umstände vorliegen. H prüft regelmäßig den Führerschein des M. Eine Nachprüfungspflicht vor jeder einzelnen Überlassung wäre eine Überspannung ihrer Sorgfaltspflicht. Anhaltspunkte für einen zwischenzeitlichen Entzug sind für sie ferner nicht ersichtlich.
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