Zivilrecht

Schuldrecht Allgemeiner Teil

Erlöschen des Schuldverhältnisses

Rückwirkung 2 _ Zahlung in Unkenntnis der Aufrechnungsmöglichkeit

Rückwirkung 2 _ Zahlung in Unkenntnis der Aufrechnungsmöglichkeit

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Händler H kauft von Schreiner S Tische für €10.000 und bezahlt sofort. Nach vier Monaten erfährt H, dass er einen ein Jahr alten Vergütungsanspruch (§ 611 Abs. 1 BGB) gegen S i.H.v. 14.000€ von seinem vor einem halben Jahr verstorbenen Onkel O geerbt hat.

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Einordnung des Falls

Rückwirkung 2 _ Zahlung in Unkenntnis der Aufrechnungsmöglichkeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. H kann noch die Aufrechnung erklären (§ 387 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Aufrechnung setzt eine Aufrechnungslage (§§ 387, 390 BGB) und eine Aufrechnungserklärung (§ 388 BGB) voraus. Zudem darf die Aufrechnung nicht ausgeschlossen sein (§§ 392-394 BGB). H und S standen gegenseitig Geldforderungen zu. Hs Forderung ist sofort (§ 271 Abs. 1 BGB) fällig und einredefrei. Allerdings hat H S‘ Forderung bereits durch Zahlung erfüllt. S steht also keine erfüllbare Forderung mehr zu, mit der H aufrechnen könnte.
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2. H verlangt den Kaufpreis und Zinsen zurück, da er statt der Zahlung lieber aufgerechnet hätte. Als Anspruchsgrundlage ist § 813 Abs. 1 S. 1 BGB zu prüfen.

Ja, in der Tat!

§ 813 Abs. 1 S. 1 BGB setzt voraus, dass der Bereicherungsgläubiger in unverschuldeter Unkenntnis einer dauernden Einrede etwas an den Bereicherungsschuldner geleistet hat.

3. Mit Begründung der Kaufpreiszahlungsverpflichtung bestand eine Aufrechnungsmöglichkeit. Stellt diese Möglichkeit eine dauerhafte Einrede i.S.d. § 813 Abs. 1 S. 1 BGB dar?

Nein!

Der Rückzahlungsanspruch aus § 813 Abs. 1 S. 1 BGB setzt das Entgegenstehen einer dauerhaften Einrede voraus. H wusste zum Zeitpunkt der Zahlung unverschuldet nichts von der Aufrechnungsmöglichkeit. Die Aufrechnung ist aber ein Gestaltungsrecht. Gestaltungsrechte sind keine Einreden i.S.d. § 813 Abs. 1 BGB. Auch kommt keine analoge Anwendung in Betracht. Einreden geben ein Leistungsverweigerungsrecht. Die Aufrechnung nicht. Die Interessenlage ist hier nicht vergleichbar. Auch im Sinne der Rechtssicherheit kommt eine Rückforderung nicht in Betracht.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

QUIG

QuiGonTim

24.2.2024, 21:37:55

Lässt sich sagen, dass sich aus der Aufrechnungslage kein

Leistungsverweigerung

srecht ergibt, weil mit dem Erlöschen der Gegenforderung „geleistet“ wird?

LELEE

Leo Lee

26.2.2024, 17:52:16

Hallo QuiGonTim, vielen Dank für die sehr gute Frage! Ein

Leistungsverweigerung

srecht setzt ja immer voraus, dass zwei gegenseitige Ansprüche sich (noch) gegenüberstehen. D.h., diese Ansprüche müssen noch existieren, damit man sie ggs. entgegenhalten kann. Wenn jedoch aufgerechnet wird, erlischt einer der (oder sogar beide) Ansprüche, womit es schon keine Ausgangslage für ein Zurückbehaltungsrecht geben kann. Insofern hast du Recht damit, dass mit dem Erlöschen der Gegenforderung „geleistet“ wird, was zu einer „Vernichtung“ der ggs. Ansprüche führt, weshalb wiederum diese Ansprüche nicht gegenseitig als Verweigerungsgründe hingehalten werden können :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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