Girokarte im Supermarkt – Lastschrift

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

D hat As Girokarte gestohlen, er kennt aber die PIN nicht. Im Kaufhaus des K erwirbt er Waren im Wert von € 100, die er bei K selbst mit der Karte bezahlt. Beim Bezahlvorgang muss er sich nicht durch die PIN (POS-Verfahren), sondern nur mittels Unterschrift (Elektronisches Lastschriftverfahren) authentifizieren.

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Einordnung des Falls

Girokarte im Supermarkt – Lastschrift

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Durch die Nutzung der Karte hat D nach der betrugsspezifischen Auslegung Daten unbefugt verwendet (§ 263a Abs. 1 Var. 3 StGB)?

Nein, das trifft nicht zu!

Nach der betrugsspezifischen Auslegung verwendet der Täter Daten dann unbefugt, wenn sein Verhalten gegenüber einem Menschen Täuschungsqualität hätte, wenn der Mensch nur das prüft, was auch der Computer prüft.Bei der Bezahlung im ELV prüft der Computer grundsätzlich nur, dass die Karte nicht gesperrt ist und dass die erforderliche Unterschrift erfolgt ist. Somit fehlt es bereits an der unbefugten Verwendung.Auch die anderen Tathandlungen scheiden aus, insbesondere wird die richtige Karte verwendet, womit es an unrichtigen Daten fehlt (Var. 2).
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2. Zudem fehlt es an einer Beeinflussung eines Datenverarbeitungsvorgangs (§ 263a Abs. 1 StGB).

Ja!

Beim Computerbetrug muss die Tathandlung muss dann zur Beeinflussung des Datenverarbeitungsvorgangs führen, wobei das nach h.M. zu einer unmittelbaren Vermögensminderung beim Opfer führen muss.Beim elektronischen Lastschriftverfahren erhält K anders als im POS-Verfahren keine Zahlungsgarantie. Alleine durch die Erteilung des Lastschrift-Mandats kommt es weder bei As Bank noch bei K zu einer Vermögensminderung. Eine solche liegt erst in der Übergabe der Waren durch K, setzt also erst eine weitere Zwischenhandlung voraus und ist daher nicht unmittelbar.Da die Einlösungsgarantie der zentrale Unterschied zwischen POS-Verfahren und ELV-Verfahren darstellt, bietet es sich an, hierauf zumindest kurz einzugehen.

3. D hat sich aber wegen Betrugs gegenüber und zulasten des K strafbar gemacht (§ 263 Abs. 1 StGB).

Genau, so ist das!

Der objektive Tatbestand des Betrugs setzt voraus: (1) Täuschung, (2) (täuschungsbedingter) Irrtum, (3) (irrtumsbedingte) Vermögensverfügung, (4) (verfügungsbedingter) Vermögensschaden. Subjektiv ist (1) Vorsatz und (2) die Absicht stoffgleicher Bereicherung erforderlich.Durch die Unterschrift hat D konkludent erklärt, er sei berechtigt, K das SEPA-Lastschriftmandat erteilen (=Täuschung). Hierdurch unterlag dieser der Fehlvorstellung, er könne von der entsprechenden Bank Auszahlung verlangen (=Irrtum). Deshalb hat der K dem D die Waren übergeben und übereignet (=Vermögensverfügung). Dadurch hat K das Eigentum daran ohne gleichwertigen Gegenwert verloren (=Vermögensschaden). Auch der subjektive Tatbestand liegt vor.Vorsicht vor Abwandlungen! Bei Selbstbedienungskassen fehlt es an einer zu täuschenden Person, sodass Betrug ausscheidet. Hier sind stattdessen Diebstahl bzw. Unterschlagung zu prüfen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ISAB

Isabelle.Sophie

10.11.2023, 16:48:39

Ich finde den Sachverhalt und die entsprechenden Fragen bzgl des § 263a etwas irreführend, da aus dem Sachverhalt gerade nicht hervorgeht, dass es sich hier nicht um eine Selbstbedienungskasse handelt. Der Sachverhalt müsste m.E. deutlich von einer Bezahlung bei einem/ einer Kassierer:in sprechen, um die unterschiedlichen Ergebnisse deutlich zu machen.

LELEE

Leo Lee

12.11.2023, 11:01:08

Hallo Issabelle.Sophie, wie bei der anderen Frage erwähnt (siehe hierzu deine Frage bei Aufgabe 13170), ist der Anknüpfungspunkt bei Computerbetrugsfällen nicht, ob ein Mensch (zus.) da ist oder nicht, sondern wer die Karte „checkt“ bzw. kontrolliert. Hier wird die Karte durch das Kartenlesegerät „gecheckt“, weil diese Gerät die Zahlung abwickelt. Wenn jetzt zufällig statt des Geräts die Verkäuferin die Karte auf seine Berechtigung hin prüft, dann hätten wir nicht 263a, sondern 263. Beachte jedoch, dass – wie in diesem Fall – es nur wichtig ist, dass „endgültig“ eine Maschine „benutzt“ wird :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

BAY

bayilm

17.7.2024, 19:15:49

Dann verstehe ich den Klausurhinweis nicht so ganz. Warum spielt es dann dort eine Rolle, ob es eine Selbstbedienungskasse ist oder nicht?

JES

jess11O

16.8.2024, 16:59:24

Für den Computerbetrug selbst spielt es meiner Ansicht nach keine Rolle. Der Klausurhinweis bezieht sich auf die anschließend zu prüfenden Delikte. Bei einer Kasse ohne Selbstbedienung kommt ein Betrug in Betracht, weil die Verkaufsperson getäuscht werden könnte. Bei einer Selbstbedienungskasse kann hingegen kein Mensch getäuscht werden, weshalb eine Strafbarkeit wegen Betrugs von vorne herein ausscheidet. Im Falle einer Selbstbedienungskasse gilt es deshalb Diebstahl bzw. Unterschlagung als Prüfungsdelikte anzuschließen.


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