Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Fahrlässigkeit
Begrenzung der Sorgfaltspflichten durch Vertrauensgrundsatz – Ausnahme/Abwandlung
Begrenzung der Sorgfaltspflichten durch Vertrauensgrundsatz – Ausnahme/Abwandlung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K fährt unter Einhaltung der Verkehrsregeln auf einer wenig befahrenen Straße. Er sieht, dass die sechsjährige M und der fünfjährige J am Straßenrand unbeaufsichtigt und ungestüm Ball spielen. Als K auf Höhe der beiden ist, rollt der Ball unvermittelt auf die Fahrbahn und J läuft blindlings hinterher. K erfasst J tödlich.
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Einordnung des Falls
Begrenzung der Sorgfaltspflichten durch Vertrauensgrundsatz – Ausnahme/Abwandlung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Eine Strafbarkeit des K wegen fahrlässiger Tötung des J setzt eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung voraus (§ 222 StGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Maßstab der anzuwendenden Sorgfaltspflichten wird grundsätzlich durch den Vertrauensgrundsatz begrenzt.
Ja!
3. K durfte darauf vertrauen, dass J nicht unvermittelt und blindlings auf die Straße läuft.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Linda
11.12.2021, 19:43:54
Warum steht in der Vertiefung, dass sich K rechtswidrig verhalten hat, wenn der SV angibt, dass er sich an die Verkehrsregeln gehalten hat?
Jen:ny
12.12.2021, 18:40:45
Hallo Linda, der Vertiefungshinweis ist m.E. nicht auf den Fall hier bzw. auf K bezogen, sondern lediglich als weiterführendes Wissen gedacht in punkto mögliche weitere Einschränkung des Vertrauensgrundsatzes.
anni0910
30.11.2022, 11:47:11
Könnte man hier auch einfach auf eine Sorgfaltspflichtverletzung wegen §3 Abs. 2a StVO abstellen, statt es über den Vertrauensgrundsatz zu lösen?
Nora Mommsen
1.12.2022, 12:21:47
Hallo anni0910, die Sorgfaltspflichtverletuzng kann sich aus allgemeinen Ma´ßstäben und natürlich speziellen Rechtsnormen ergeben. Der Vertrauensgrundsatz stellt aber keinen eigenen Sorgfaltmaßstab auf, sondern modifiziert die bestehenden Sorgfaltspflichten. So ist auch hier die Sorgfaltspflichtverletzung nicht aus dem Vertrauensgrundsatz abzuleiten sondern dem Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme im Staßenverkehr. Anwendung findet der Vertrauensgrundsatz auf allgemeine Sorgfaltspflichten wie auf spezielle. Dies gilt aber nicht, wo die Sorgfaltspflicht gerade darin besteht Dritte zu überwachen oder bei Kindern. Auch bei einer Statuierung der Sorgfaltspflicht aus § 3 Abs. 2 a StVO wäre der Vertrauensgrundsatz daher anzusprechen aber abzulehnen, da er gegenüber Kindern keine uneingeschränkte Anwendung findet. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team