Versuch bei actio libera in causa
20. Mai 2025
8 Kommentare
4,7 ★ (11.381 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

T möchte O aus Rache töten. Nüchtern ist er dazu jedoch nicht in der Lage, sodass er sich vorab bis zur Schuldunfähigkeit betrinkt. Nachdem er sich betrunken hat, geht er los, wobei er auf dem Weg von der Polizei in Schutzgewahrsam genommen wird.
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Einordnung des Falls
Versuch bei actio libera in causa
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Versuch eines Totschlags (§ 212 Abs. 1 StGB) ist strafbar.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. T hat „Tatentschluss“ bezüglich eines Totschlags.
Ja, in der Tat!
3. T hat dadurch, dass er sich betrunken hat, nach der herrschenden Meinung „unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt“.
Ja!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
iustus
2.8.2021, 13:06:19
Soweit ich weiß ist die eher hM die Theorie der mittelbaren Täterschaft, aus den genannten Gründen in der Beschreibung.

Jana-Kristin
17.8.2021, 09:09:15
Ich habe noch nie gelesen, dass jemand die Werkzeugtheorie als hM deklariert hat. Ich finde dagegen spricht mE insbesondere das eine Ich-Spaltung dem deutschen Strafrecht
fremdist und das der Wortlaut des 25 I Var. 2 StBG die Tatbegehung durch "einen anderen" fordert.

Lukas_Mengestu
9.12.2021, 10:04:01
Hallo ihr beiden, da insbesondere die Rechtsprechung nach wie vor der Vorverlegungslehre anhängt, ist es in der Tat nicht möglich, die Anlehnung an die
mittelbare Täterschaftals herrschende Meinung zu bezeichnen (vgl. hierzu: Streng, in: MüKo-StGB, 4.A. 2020, § 20 RdNr. 115 ff.). Aber in der Tat bleiben die Fälle der
actio libera in causanach wie vor sehr umstritten. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

lennart20
26.4.2023, 15:25:53
Wie würde hier die andere Ansicht aussehen und was würde für sie sprechen?

Nora Mommsen
27.4.2023, 13:10:04
Hallo lennart20, danke für deine Frage. Es gibt direkt mehrere andere Ansichten. Zunächst das Ausnahmemodell, das darauf abstellt dass
Schuldfähigkeit und Tathandlung nicht zusammenfallen müssen. Demnach reicht es aus wenn die
Schuldfähigkeit im Zeitpunkt des Herbeiführens des
schuldunfähigen Zustands, in dem die Tathandlung begangen wurde gegeben ist. Dafür spricht nicht viel - insbesondere verstößt diese Ansicht gegen das
Koinzidenzprinzip. Nehmen dem Ausnahmemodell gibt es auch das Ausdehnungsmodell. Dieses fasst den Begriff der Tat i.S.d.
§ 20 StGBweit, der erste Anknüpfungspunkt der Tat ist das
schuldhafte Vorverhalten. Auch das widerspricht dem Verfassungsrechtlich verankerten
Schuldprinzip und dem in § 8 StGB niedergelegten Simultaneitätsprinzip. Des weiteren gibt es noch das Tatbestandsmodell und das Modell der mittelbaren Täterschaft. Letzteres verstößt gegen den Wortlaut des § 25 Abs. 1 2. Alt. StGB, der von "anderen" spricht. Für eine genauere Auseinandersetzung mit der Thematik verweise ich dich auf das Kapitel zur
Alic. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Vincent
7.7.2023, 10:16:26
Das ist doch logisch nicht erklärbar. In anderen Fällen des Versuchs gehen wir davon aus, dass viel später angesetzt wird und keine Schritte mehr nötig sind um die TBM zu verwirklichen. Hier ist der Täter möglicherweise noch kilometerweit vom Opfer entfernt und wir nehmen eine
unmittelbares ansetzenan?
Nils
10.8.2023, 14:28:07

BGB OK
6.5.2025, 23:55:17
An dieser Stelle wäre aus meiner Sicht ebenfalls der Gesetzgeber in der Pflicht, nicht hingegen die Rechtsprechung. Wobei mE zu überlegen wäre, ob
Schuldunfähigkeit oder
verminderte Schuldfähigkeitdurch auch "nur" fahrlässig herbeigeführte Rauschzustände überhaupt regelmäßig die strafrechtliche Verantwortlichkeit entziehen oder erheblich mindern sollten.