+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A will endlich mal einen Menschen sterben sehen. Zu diesem Zweck möchte er seinen Nachbarn B mit mehreren Messerstichen töten. Er sticht 25-mal auf B ein. B verblutet.

Einordnung des Falls

Mord (§ 211 StGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Jeder Totschlag (§ 212 StGB) ist zugleich ein Mord (§ 211 StGB).

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Nein!

Die Differenzierung zwischen Mord und Totschlag entspricht langer deutscher Rechtstradition. Totschlag ist der „Normalfall“ des vorsätzlichen Tötungsverbrechens. Wer einen anderen Menschen vorsätzlich tötet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft (§ 212 Abs. 1 StGB). Nach § 211 Abs. 1 StGB ist der „Mörder“ mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu sanktionieren. Die Androhung dieser Sanktion macht deutlich, dass als Mord höchststrafwürdige Fälle der Tötung erfasst werden sollen. In § 211 Abs. 2 StGB sind die Mordmerkmale (besondere Beweggründe, Begehungsweisen und Absichten) abschließend aufgezählt, die eine vorsätzliche Tötung als Mord klassifizieren. Liegt ein Mordmerkmal vor, lautet der Schuldspruch auf Mord.

2. A hat B aus Mordlust (Mordmerkmal 1. Gruppe) getötet. Er ist strafbar wegen Mordes (§ 211 StGB).

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Genau, so ist das!

Die in der ersten Gruppe des § 211 Abs. 2 StGB zusammengefassten Mordmerkmale umschreiben mordtypische Beweggründe. Mordlust liegt vor, wenn es dem Täter allein darauf ankommt, einen Menschen aus reiner Freude an der Vernichtung des Lebens oder aber aus Neugierde sterben zu sehen. Hier ist der einzige Zweck der Tötung des B, dass A ihn sterben sehen möchte. A handelte aus Mordlust.

3. Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft (§ 211 Abs. 1 StGB). Dies bedeutet, dass A bis an sein Lebensende eine Haftstrafe verbüßen wird.

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Nein, das trifft nicht zu!

§ 211 Abs. 1 StGB schreibt für den Mörder eine lebenslange Freiheitsstrafe vor. Diese wird im Ansatz ohne zeitliche Begrenzung tatsächlich lebenslang vollstreckt. Doch muss dem Verurteilten aus verfassungsrechtlichen Gründen (Menschenwürde, Art. 1 Abs. 1, und Freiheit der Person, Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG) zumindest die Chance eingeräumt werden, im Fall einer Resozialisierung die Freiheit wieder zu erlangen. In der Praxis beträgt die durchschnittliche Vollstreckungsdauer 19 Jahre. Die durchschnittliche Vollstreckungsdauer von Freiheitsstrafen wegen Totschlags (§ 212 Abs. 1 StGB) beträgt fünfeinhalb Jahre. Diese Differenz verdeutlicht den gravierenden Unterschied zwischen Verurteilungen wegen Mordes und Totschlags.

4. Das Gericht kann nach einiger Zeit die Vollstreckung des Restes der lebenslangen Freiheitsstrafe unter bestimmten Voraussetzungen zur Bewährung aussetzen.

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Ja!

Dies ergibt sich aus § 57a Abs. 1 S. 1 StGB und setzt voraus, dass 15 Jahre der Strafe verbüßt sind, nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und eine positive Legalprognose (durch Sachverständigengutachten belegt) sowie Einwilligung des Verurteilten vorliegt. Sind diese Anforderungen erfüllt, hat die Aussetzung von Amts wegen zu erfolgen. Die Dauer der Bewährungszeit beträgt nach § 57a Abs. 3 S. 1 StGB fünf Jahre. Gibt der Verurteilte während dieser Zeit keinen Anlass zum Widerruf der Strafaussetzung (etwa durch Begehung neuer Straftaten), wird ihm die Strafe nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen.

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