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Klassisches Klausurproblem

T möchte wertvolle Münzen stehlen, die sich in einer Sichtvitrine im Kaufhaus befinden. T möchte gerade die Scheibe einschlagen, als er bemerkt, dass die Vitrine unverschlossen ist. Er nimmt die Münzen und flieht.

Einordnung des Falls

Versuch des Regelbeispiels 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat sich wegen Diebstahls (§ 242 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht.

Ja, in der Tat!

T hat eine fremde bewegliche Sache weggenommen und handelte dabei mit Zueignungsabsicht. T handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.

2. Hätte T die Vitrine für die Wegnahme der Münzen aufbrechen müssen, hätte er einen besonders schweren Fall des Diebstahls (§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Var. 1 StGB) begangen.

Ja!

Der objektive Tatbestand des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Var. 1 StGB setzt voraus die Wegnahme einer Sache, die durch ein verschlossenes Behältnis gegen Wegnahme besonders gesichert ist. Hätte T die Vitrine aufgebrochen und die Münzen dann gestohlen, hätte er eine Sache gestohlen, welche durch ein verschlossenes Behältnis gegen Wegnahme besonders gesichert gewesen ist (§ 243 Abs. 1 S. 2. Nr. 2 Var. 1 StGB). Vorliegend war das Behältnis jedoch nicht verschlossen. Es lag daher auch keine besondere Sicherung gegen Wegnahme vor.

3. T hat unmittelbar zur Wegnahme aus einem verschlossenen Behältnis angesetzt.

Genau, so ist das!

Das objektive Tatbestandselement des Versuchs liegt im unmittelbaren Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung (§ 22 StGB). Das unmittelbare Ansetzen liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle des „Jetzt-geht-es-los“ überschreitet und objektiv – unter Zugrundelegung seiner Vorstellung – Handlungen vornimmt, die bei ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenschritte zur Tatbestandsverwirklichung führen oder mit ihr in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Da ein Regelbeispiel keinen Tatbestand darstellt, sind die Regeln nicht unmittelbar anwendbar, da diese von Tatbeständen ausgehen. Bei einer entsprechenden Anwendung wäre allerdings ein unmittelbares Ansetzen gegeben, da T gerade den Sicherungsmechanismus überwinden wollte, um die Sache wegzunehmen. Wesentliche Zwischenschritte sind nicht mehr nötig gewesen.

4. Es ist umstritten, ob vorliegend das versuchte Regelbeispiel Indizwirkung für einen besonders schweren Fall entfaltet.

Ja, in der Tat!

Es ist umstritten, ob ein versuchtes Regelbeispiel ebenfalls die Indizwirkung für einen besonders schweren Fall entfaltet. Unumstritten ist zumindest, dass ein besonders schwerer Fall dennoch vorliegen kann, wenn dieser im Einzelfall festgestellt werden kann; einen versuchten schweren Fall gibt es begrifflich nicht. Der BGH wendet die Regelbeispiele zumindest in den Fällen an, in denen Grunddelikt und Regelbeispiel lediglich versucht sind. Der BGH sieht zwischen Qualifikationstatbeständen und Regelbeispielen „keinen tiefgreifenden Wesensunterschied“ und wendet diese daher ähnlich an, obwohl ein Regelbeispiel keinen Tatbestand darstellt, sondern erst in der Strafzumessung Berücksichtigung findet. Der BGH hat jedoch über die vorliegende Fallgestaltung bisher nicht entschieden und die Anwendbarkeit der Regelbeispiele ausdrücklich offengelassen.

5. Die herrschende Meinung lehnt eine Anwendung der Regelbeispiele im Versuch ab, sofern daraus eine Indizwirkung für einen schweren Fall hergeleitet wird.

Ja!

Die herrschende Meinung lehnt eine Anwendung der Versuchsregelungen auf Regelbeispiele ab, da die Versuchsregelungen nur auf Tatbestände anwendbar sind. Eine Anwendung auf Regelbeispiele stellt eine Analogie zulasten des Täters dar (§ 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG). Danach läge kein Versuch des Regelbeispiels vor.

6. Bei einer Anwendung des Regelbeispiels kommt § 23 Abs. 2 StGB zur Anwendung.

Genau, so ist das!

Der BGH und die zustimmenden Stimmen der Literatur bejahen in den Fällen, in denen das Regelbeispiel versucht ist, eine mögliche Anwendung des § 23 Abs. 2 StGB, zumindest in analoger Anwendung. Damit ist der Strafrahmen derselbe wie bei versuchtem Delikt und vollendetem Regelbeispiel. Auch wird eine Versuchsregelung auf ein vollendetes Delikt angewendet, da das Regelbeispiel nur in der Strafzumessung zu berücksichtigen ist, der Diebstahl selbst jedoch vollendet. Bei der Formulierung in der Klausur ist daher vorsichtig vorzugehen.

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LEN

Lenny

20.6.2021, 08:50:53

Hallo, ich bin gerade etwas verwirrt und hoffe, dass jemand mir weiterhelfen kann. Wie ist der Umstand zu begründen, dass der Täter bei Einschlagen der tatsächlich unverschlossenen Vitrine das Regelbeispiel nach 243 I 2 Nr. 2 verwirklicht? Sie war ja tatsächlich nicht abgeschlossen. Wäre dann nicht auch beim erfolgten Einschlagen ein (untauglicher) “Versuch” des Regelbeispiels gegeben? Vielen Dank schonmal für eine Antwort.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

23.12.2021, 11:53:09

Hallo Lenny, die Frage zielt auf den Fall ab, dass das Einschlagen der Scheibe tatsächlich nötig ist, weil das Behältnis verschlossen ist. Das Einschlagen der unverschlossenen Vitrine würde ebenfalls lediglich einen

Versuch des Regelbeispiels

darstellen (+Sachbeschädigung). Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team

DIAA

Diaa

8.8.2023, 20:04:45

Doofe Frage vielleicht, aber ich werde gerade nicht schlau und würde schon gerne wissen, wie der Prüfungsaufbau dann bezogen auf diesen Fall aussehen würde..

LELEE

Leo Lee

11.8.2023, 13:14:15

Hallo Diaa, überhaupt keine doofe, sondern eine wichtige Frage! Beim Aufbau würdest du wie folgt vorgehen. I. Verwirklichung des § 242 I (+) II.

Versuch des Regelbeispiels

1. Problem:

Versuch des Regelbeispiels

2....:). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo

MAR

Maryen

11.1.2024, 16:44:08

Hallo, kann man nicht auch den

Versuch des Regelbeispiels

nach der RWK und Schuld unter Strafzumessung im Rahmen des § 242 prüfen?

FAP

Falsus Prokuristor

21.5.2024, 22:55:07

@[Maryen ](119997)Genau so würde der Aufbau auch erfolgen! Die Tatbestandsmäßigkeit des Grunddelikts wird bejaht, ebenso wie Rechtswidrigkeit und Schuld. Die Regelbeispiele werden erst auf Ebene der Strafzumessung relevant und dort wird dann auch erst das Problem eröffnet, ob ein Versuch möglich ist beziehungsweise die Indiz Wirkung angenommen werden kann (diese Formulierung ist genauer und widerspricht vor allem nicht dem Wortlaut, empfiehlt sich für die Klausur daher ganz dringend). Dann kann man die Argumente erläutern: für die Anwendung (BGH) die angebliche Wesensähnlichkeit; gegen die Anwendung (Lit), vor allem die praktischen Probleme in Bezug auf die Milderung und die gleichen Strafrahmen trotz unterschiedlicher Verwirklichung von Unrecht.  Wie man sich entscheidet, ist vermutlich egal, zum einen ist beides vertretbar und zum anderen ist die Prüfung des Delikts an der Stelle ohnehin beendet, da schneidet man sich also nichts mehr ab.


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