Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Objektive Zurechnung
Objektive Zurechnung: eigenverantwortliches Dazwischentreten eines Dritten
Objektive Zurechnung: eigenverantwortliches Dazwischentreten eines Dritten
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Jäger A streckt den ihm verhassten X aus kurzer Entfernung durch einen Schuss in die Brust nieder. B, A's Zwillingsbruder und ebenfalls begeisterter Jäger, kommt hinzu und sieht den röchelnden X. Aus Mitleid gibt B ihm den Gnadenschuss.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A hat den Tod des X kausal verursacht.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. A ist der Tod des X objektiv zuzurechnen.
Genau, so ist das!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
L. H.
4.2.2021, 12:18:21
Ist A dann mittelbarer Täter nach Paragraph 25 Abs. 1 Var. 2 StGB? Und B wäre dann nicht-strafbarer Tatmittler? Und B's Deliktsminus wäre dementsprechend die fehlende
objektive Zurechnung?
Eigentum verpflichtet 🏔️
4.2.2021, 16:17:40
Hallo L.H., danke für die guten Fragen. Nach Lektüre von BGHSt 39, 195 kann ich dazu folgendes ausführen: "Stirbt das Opfer am Zusammentreffen der Verletzungsfolgen zweier Schüsse, von denen ein jeder auch allein zum Tod geführt hätte, so sind beide Schüsse ursächlich für den Erfolg (so.
alternative Kausalität)." A hat den B hier nicht als "Werkzeug" benutzt um den X zu töten. Er hatte keinerlei
Vorsatzhinsichtlich der Todesverursachung durch B, stattdessen wollte er selbst den Tod des X herbeiführen. Genauso steht es bei B, dieser wollte (wenn auch aus "edleren Motiven") den X töten. Demnach ist A wegen heimtückischen (vollendeten) Mordes § 211 StGB zu bestrafen, da sich X beim Schuss durch A keines Angriffs auf sein Leben versah und deswegen arg- und wehrlos war.
Eigentum verpflichtet 🏔️
4.2.2021, 16:19:41
B ist wegen vollendeten Totschlags (§ 212 StGB) zu bestrafen, da X nunmehr nicht mehr, in Folge von Arglosigkeit wehrlos war (sondern in Folge des Schusses von A), sodass keine Heimtücke vorliegt. Andere Mordmerkmale sind im Übrigen auch nicht ersichtlich, insbesondere hat B nicht zur Verdeckung des von A begangenen Mordes gehandelt.
L. H.
4.2.2021, 17:03:49
Interessant. Danke für die Ausführungen!
Artur
29.5.2021, 23:34:44
claudi V
14.1.2023, 11:21:58
Warum komme ich hinsichtlich A nicht zu einer abgebrochenen/überholenden Kausalität?
Lukas_Mengestu
18.1.2023, 15:53:21
Vielen Dank für die Rückfrage, Claudia. Der entscheidende Unterschied zu den Fällen der abgebrochenen/überholenden Kausalität ist der, dass in diesen Fällen die zugrundeliegenden Handlungen unabhängig voneinander sind, zB versuchen zwei Personenen A + B jeweils unabhängig voneinander eine dritte Person C umzubringen. A vergiftet Cs essen, bevor C daran verstirbt, erschießt ihn B. In diesem Fall wirkt die ursprünglich von A gesetzte Todesursache nicht im tatbestandsmäßigen Erfolg fort. Hier ist das anders. Ohne As Schuss, hätte sich B nicht genötigt gefühlt, X den Gnadenschuss zu erweisen. Insofern wirkt As Handeln fort und war letztlich kausal für X Tod. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
asanzseg
13.6.2023, 18:46:55
Ich würde auch bei dem Gnadenschuss unbedingt die wichtige Bemerkung einfügen, dass beide Täter als
Nebentäterzu bestrafen sind. (Jew. wenn Mord in Frage kommt natürlich auch die Strafmilderung bzw die Anwendung §28)
Lukas_Mengestu
16.6.2023, 16:54:44
Danke Dir, das haben wir noch aufgenommen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
evanici
12.9.2023, 15:58:37
Geht die "
fortwirkende Kausalität" dann eigentlich immer Hand in Hand mit der bejahten Fallgruppe des
Dazwischentreten Dritters in der objektiven Zurechnung?
Jimmy105
11.7.2024, 12:01:07
Kann man sagen, dass in Fällen der fortwirkenden Kausalität nie mittäterschaft, dafür aber immer
nebentäterschaftbesteht?
as.mzkw
28.8.2024, 10:06:56
Würde ich nicht unbedingt sagen, da ja jedenfalls sofern die Straftat noch nicht vollendet ist (bei Delikten mit überschießender Innentendenz zumindest keine Beendigung, str.) eine sog.
sukzessive Mittäterschaftauch durch bloße Billigung in Gestalt einer eigenen Handlung möglich ist, sodass man sich mit der Handlung des Ersttäter quasi „stillschweigend“ einverstanden erklärt, was ausreichen kann für den nach § 25 II StGB erforderlichen gemeinsamen Tatplan.
as.mzkw
28.8.2024, 10:07:33
Im vorliegenden Fall würde ich aber auch nur Neben- und keine Mittäterschaft annehmen. Dafür ist der Sachverhalt wohl zu dünn.
LS2024
1.11.2024, 12:44:16
Hier irritiert mich, dass die Subsumption die Prüfung eines atypischen Kausalverlaufs enthält und damit nicht zur obigen Definition passt. Soll das verdeutlichen, dass das Dazwischentreten eines Dritten ein Unterfall des atypischen Kausalverlaufs ist? Wenn ja fände ich es sinnvoll das als Hinweis noch zu ergänzen. Falls nein müsste die Aufgabe nach meinem Verständnis angepasst werden.