Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Versuch und Rücktritt

Unmittelbares Ansetzen bei Qualifikationstatbeständen 3

Unmittelbares Ansetzen bei Qualifikationstatbeständen 3

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T will sich an O rächen. Dafür lockt sie O in eine Zelle und möchte diese per Fernzündung abschließen. Sie plant, O in der Zelle verhungern zu lassen. Die Fernzündung versagt, da T die Batterien vergessen hat.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Unmittelbares Ansetzen bei Qualifikationstatbeständen 3

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Versuch einer Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 1 StGB) ist strafbar.

Ja, in der Tat!

Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 StGB). Freiheitsberaubung ist ein Vergehen und daher nur im Versuch strafbar, da die Strafbarkeit ausdrücklich bestimmt ist (§§ 12 Abs. 2, 239 Abs. 2 StGB).
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2. T hat „Tatentschluss“ bezüglich einer Freiheitsberaubung.

Ja!

Tatentschluss ist der subjektive Tatbestand des Versuchs. Er umfasst den auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale gerichteten Vorsatz sowie sonstige subjektive Tatbestandsmerkmale. Der Täter hat Tatentschluss, wenn er endgültig entschlossen ist, den Deliktstatbestand zu verwirklichen. Dabei wird zur bloßen Tatgeneigtheit abgegrenzt. T ist fest entschlossen eine Freiheitsberaubung zu begehen.

3. T hat durch das Betätigen der Fernzündung „unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt“ in Bezug auf die Freiheitsberaubung.

Genau, so ist das!

Das objektive Tatbestandselement des Versuchs liegt im unmittelbaren Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung (§ 22 StGB). Das unmittelbare Ansetzen liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle des „Jetzt-geht-es-los“ überschreitet und objektiv – unter Zugrundelegung seiner Vorstellung – Handlungen vornimmt, die bei ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenschritte zur Tatbestandsverwirklichung führen oder mit ihr in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. T hat gedacht, dass sie den O durch das Betätigen des Fernzünders einsperren würde. Sie hat nach ihrer Vorstellung alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan, ohne dass weitere Zwischenakte erforderlich wären. T hat unmittelbar angesetzt.

4. Der Versuch einer Freiheitsberaubung mit Todesfolge (§ 239 Abs. 4 StGB) ist strafbar und T hatte Tatentschluss.

Ja, in der Tat!

Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 StGB). Freiheitsberaubung mit Todesfolge ist ein Verbrechen (§ 12 Abs. 1 StGB). T hatte Tatentschluss bezüglich der Freiheitsberaubung mit Todesfolge. § 12 Abs. 3 StGB gilt lediglich für schwere Fälle und minder schwere Fälle. Qualifikation stellen eigene echte Tatbestände dar und können daher Verbrechen darstellen; dies gilt auch für Erfolgsqualifikationen. § 239 Abs. 4 StGB ist daher bereits im Versuch strafbar.

5. T hat durch das Betätigen der Fernzündung „unmittelbar angesetzt“ zu einer Freiheitsberaubung mit Todesfolge.

Ja!

Die Erfolgsqualifikation stellt einen eigenen Tatbestand dar. Erforderlich ist, dass der Täter unmittelbar zur Erfolgsqualifikation angesetzt hat. T wollte O gerade durch das Einsperren töten, sodass das Einsperren selbst in dem Tod des O münden sollte. Wesentliche Zwischenschritte sind nicht mehr erforderlich. Einzig der zweifelhafte zeitliche Zusammenhang steht zunächst entgegen. Dabei ist dieser jedoch nur eines von vielen Kriterien, welches in den Hintergrund treten kann. Hier hat sich die Lebensgefahr nach der Vorstellung der T bereits hinreichend verdichtet und O war konkret gefährdet (a.A. gut vertretbar).
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