Abgrenzung Vorbereitung und Versuch: Täter betritt den zuvor präparierten Tatort nicht, weil er die Vorbereitungen der Tat entdeckt glaubt


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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T möchte eine Bank überfallen. T plant, sich sonntags in der Bank auf die Lauer zu legen, um die Bankangestellten direkt Montagfrüh zur Herausgabe des Geldes zu nötigen. Dabei möchte er bewaffnet Todesdrohungen aussprechen. Schon am Samstagabend bricht er ein, setzt die Überwachungseinrichtungen außer Betrieb und schließt die Fensterlamellen der Bank. Als er am Sonntagabend zur Bank zurückkehrt, um sich zu verstecken, bemerkt er, dass die Fensterlamellen wieder geöffnet wurden. Er befürchtet, dass sein Einbruch entdeckt wurde und flieht, noch bevor er das Gebäude betritt.

Einordnung des Falls

Abgrenzung Vorbereitung und Versuch: Täter betritt den zuvor präparierten Tatort nicht, weil er die Vorbereitungen der Tat entdeckt glaubt

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Versuch einer räuberischen Erpressung (§§ 253 Abs. 1, 255 StGB) ist strafbar.

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Genau, so ist das!

Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 StGB). Die räuberische Erpressung ist ein Verbrechen und daher bereits im Versuch strafbar (§§ 253 Abs. 1, 255 StGB, 12 Abs. 1 StGB). Die Regelung des § 255 StGB stellt eine Qualifikation dar und ändert daher die Deliktsqualität.

2. T hat „Tatentschluss“ bezüglich einer räuberischen Erpressung.

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Ja, in der Tat!

Tatentschluss ist der subjektive Tatbestand des Versuchs. Er umfasst den auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale gerichteten Vorsatz sowie sonstige subjektive Tatbestandsmerkmale. Der Täter hat Tatentschluss, wenn er endgültig entschlossen ist, den Deliktstatbestand zu verwirklichen. Dabei wird zur bloßen Tatgeneigtheit abgegrenzt. T ist fest entschlossen eine räuberische Erpressung zu begehen.

3. Indem T Samstagabend die Überwachungseinrichtungen außer Betrieb gesetzt hat, hat er „unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt“.

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Nein!

Das objektive Tatbestandselement des Versuchs liegt im unmittelbaren Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung (§ 22 StGB). Das unmittelbare Ansetzen liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle des „Jetzt-geht-es-los“ überschreitet und objektiv – unter Zugrundelegung seiner Vorstellung – Handlungen vornimmt, die bei ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenschritte zur Tatbestandsverwirklichung führen oder mit ihr in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Das Außerbetriebsetzen der Überwachung steht nicht in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang und ist daher eine reine Vorbereitungshandlung.

4. Indem T Sonntagabend zur Bank gefahren ist, um sich dort einschließen zu lassen, hat er „unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt“.

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Nein, das ist nicht der Fall!

BGH: T habe auch durch die Fahrt zur Bank noch nicht unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt, da noch wesentliche Zwischenschritte erforderlich waren. Er hätte noch in die vorbereiteten Bankräume eindringen und dort auf das Eintreffen der Bankangestellten am nächsten Morgen warten müssen. Auch sei nach der Vorstellung des T eine konkrete Gefährdung der durch §§ 253 Abs. 1, 255 StGB geschützten Rechtsgüter noch nicht gegeben (RdNr. 10).

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