+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Unternehmen U verkauft Luxusgüter. Neukunde N bestellt eine große Lieferung. Us Geldwäschebeauftragte Gabi ist überrascht, dass N als Käuferin eine Gesellschaft benennt, statt - wie in solchen Fällen üblich - direkt zu bezahlen. Die Gesellschaft gehört einer Holding mit Sitz auf den Cayman Islands.

Einordnung des Falls

Grundfall

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Als Verpflichtete nach dem GWG (§ 2 Abs. 1 Nr. 16 GWG) treffen Unternehmen U allgemeine Sorgfaltspflichten.

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Genau, so ist das!

Verpflichtete nach dem GWG müssen allgemeine Sorgfaltspflichten erfüllen, die in § 10 GWG aufgeführt sind: (1) Feststellung der Identität des Vertragspartners, (2) Abklärung des wirtschaftlich Berechtigten, (3) Prüfung des Zwecks der Geschäftsbeziehung, (4) Feststellung, ob der Vertragspartner oder der wirtschaftlich Berechtigte eine politisch exponierte Person ist, (5) fortlaufende Überwachung der Geschäftsbeziehung; (6) Aktualisierung der eingeholten Informationen und Unterlagen. Als Güterhändlerin ist U Verpflichtete des GWG (§ 2 Abs. 1 Nr. 16 GWG). Sie treffen die allgemeinen Sorgfaltspflichten nach § 10 Abs. 1 GWG.

2. In bestimmten Konstellationen können neben den allgemeinen Sorgfaltspflichten noch verstärkte Sorgfaltspflichten zu beachten sein.

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Ja, in der Tat!

Die allgemeinen Sorgfaltspflichten werden ergänzt durch verstärkte Sorgfaltspflichten (§ 15 GWG und Anlage 2 zum GWG). Diese verstärkten Sorgfaltspflichten kommen zum Tragen, soweit erhöhte Risiken der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung vorliegen. Die verstärkten Sorgfaltspflichten sind zusätzlich zu den allgemeinen Sorgfaltspflichten zu erfüllen (§ 15 Abs. 1 GWG).

3. Die verstärkten Sorgfaltspflichten (§ 15 GWG) greifen ein, sobald eine besondere Konstellation vorliegt, die ein höheres Geldwäscherisiko begründet.

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Ja!

§ 15 Abs. 2 Nr. 1-4 GWG nennt Sachverhalte, in denen ein höheres Geldwäscherisiko vorliegt und deshalb ein Verpflichteter nach dem GWG die verstärkten Sorgfaltspflichten einzuhalten hat: (1) wenn der Vertragspartner eine politisch exponierte Person ist; (2) wenn an der Geschäftsbeziehung ein sog. Hochrisikoland beteiligt ist; (3) wenn es sich um eine Transaktion handelt, die im Vergleich zu ähnlichen Fällen besonders komplex oder ungewöhnlich groß ist, einem ungewöhnlichen Transaktionsmuster folgt oder keinen offensichtlichen wirtschaftlichen oder rechtmäßigen Zweck hat; (4) wenn die Transaktion keinen offensichtlichen wirtschaftlichen oder rechtmäßigen Zweck hat.Neben § 15 Abs. 2 GWG kommen weitere Fälle in Betracht, die verstärkte Sorgfaltspflichten auslösen können.

4. Liegt hier ein Sachverhalt vor, der ein höheres Geldwäscherisiko beinhaltet und deshalb die verstärkten Sorgfaltspflichten eingreifen?

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Genau, so ist das!

Ein höheres Geldwäscherisiko, das die Anwendung der verstärkten Sorgfaltspflichten auslöst, liegt vor in Fällen, in denen sich die Transaktion von ähnlichen Transaktionen abhebt, etwa weil sie ungewöhnlich komplex ist oder einem ungewöhnlichen Transaktionsmuster folgt (§ 15 Abs. 2 Nr. 3 GWG). In unserem Fall wäre es üblich, dass die Luxusgüter direkt bezahlt werden. Die Einschaltung einer Gesellschaft ist ungewöhnlich. Auch die Unternehmensstruktur - Holding auf den Cayman Islands - ist ungewöhnlich. Die Abgrenzung ist im Einzelfall schwierig. Hier hilft es, sich bei der Geldwäsche-Beauftragten nach Vergleichsmaßstäben zu erkundigen, um Handlungssicherheit zu gewinnen.

5. Die konkreten verstärkten Sorgfaltspflichten kann jedes Unternehmen je nach Einzelfall selbst bestimmen.

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Nein, das trifft nicht zu!

Die verstärkten Sorgfaltspflichten ergeben sich unmittelbar aus dem GWG. § 15 GWG normiert spezifische Sorgfaltspflichten abhängig davon, welcher Sachverhalt vorliegt, der ein erhöhtes Geldwäscherisiko begründet. Hier greifen verstärkte Sorgfaltspflichten, weil eine ungewöhnliche Transaktion (§ 15 Abs. 2 Nr. 3 GWG) vorliegt. In diesem sind (1) die Transaktion sowie deren Hintergrund und Zweck mit angemessenen Mitteln zu untersuchen und (2) die der Transaktion zugrunde liegende Geschäftsbeziehung ist einer verstärkten kontinuierlichen Überwachung zu unterziehen (§ 15 Abs. 6 GWG).Prüfen Sie genau, welche verstärkten Sorgfaltspflichten in Ihrem Fall eingreifen.

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