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Klassisches Klausurproblem

T möchte O erschießen. Als T gerade die Tür eintritt und die Schwelle zum „Jetzt-geht-es-los“ überschreitet, sieht er ein Kind neben O im Raum. T flieht, weil er Angst hat, dass das Kind ihn verrät und eine Haft für ihn nicht in Betracht kommt.

Einordnung des Falls

Psychologische Betrachtung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat die Tatausführung nach der herrschenden Ansicht freiwillig aufgegeben.

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Nein, das ist nicht der Fall!

Der Täter handelt nach der herrschenden Ansicht, die eine psychologische Betrachtung vertritt, freiwillig beziehungsweise unterlässt die weitere Tatausführung freiwillig, wenn er Herr seiner Entschlüsse geblieben ist und die Ausführung der Tat noch für möglich hielt, wobei die Freiwilligkeit entfällt, wenn der Täter die Tat nur mit erheblich größerem Risiko zu Ende führen konnte. Auch hierbei kommt es immer alleine auf die Vorstellung des Täters an. T hätte die Tat jederzeit zur Vollendung bringen können. Er fühlt sich jedoch gezwungen die Tat abzubrechen, weil er sonst ein höheres Risiko sieht, erwischt zu werden. Das löst bei ihm eine psychische Zwangslage aus. T tritt daher fremdbestimmt von der Tat zurück. Wenn der Täter ein höheres Risiko sieht, erwischt zu werden, führt dies nicht immer zu einem Ausschluss der Freiwilligkeit. Auch in diesen Fällen musst Du sauber am Einzelfall arbeiten.

2. Begründet wird die Theorie unter anderem mit dem Wortlaut.

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Ja, in der Tat!

Das stärkste Argument gegen die normativen Theorien ist der Wortlaut, mithin der Begriff der Freiwilligkeit. Ob etwas freiwillig getan wird, hängt von der inneren Einstellung ab. Es kommt nicht darauf an, dass der Grund billigenswert ist. Auch Unrecht kann der Täter freiwillig begehen. Daher kann auch der Beweggrund zum Rücktritt auf Unrecht beruhen; eine Rückkehr in das Recht ist insoweit nicht erforderlich. Das Problem der Theorie ist, dass subjektive Vorstellungen des Täter zum einen schwer zu ermitteln und zum anderen schwer zu bewerten sind. Das Problem ist jedoch nicht dogmatischer Natur, sondern ein Praxisproblem. Das Problem zieht sich auch durch die gesamte Versuchsprüfung, etwa beim subjektiv fehlgeschlagenen Versuch, aber auch beim Vorsatz.

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