Strafrecht

Strafprozessrecht

Der Strafantrag

Strafantragsberechtigung und Form des Strafantrags

Strafantragsberechtigung und Form des Strafantrags

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Zwillingsschwestern J und T leben in einer Wohngemeinschaft. Als J aus dem Urlaub zurückkommt, stellt sie fest, dass T das der J gehörende Lieblingshaargummi gestohlen hat. J kontaktiert telefonisch die Polizei, schildert die Details und äußert, T müsse zur Rechenschaft gezogen werden.

Diesen Fall lösen 71,9 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Strafantragsberechtigung und Form des Strafantrags

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. J ist strafantragsberechtigt.

Genau, so ist das!

Antragsberechtigter ist der Verletzte (§ 77 Abs. 1 StGB). Ein „Popularantragsrecht“ gibt es nicht. Verletzter ist der Inhaber des Rechtsgutsobjekts, das durch den verwirklichten Straftatbestand geschützt wird (Rechtsgutsinhaber). Beim Diebstahl (§§ 247, 248a), wird nach hM neben dem Eigentum auch der Gewahrsam, nach einer Mindermeinung hingegen nur das Eigentum geschützt ist. J ist Eigentümerin des Haargummis und damit nach beiden Ansichten Verletzte.Beachte: Die in § 373b StPO aufgenommene Legaldefinition des Verletzten ist ausweislich der Gesetzesbegründung lediglich auf das Verfahrensrecht (StPO) und nicht unmittelbar auch auf das materielle Recht (StGB) anwendbar. Insoweit wäre es verfehlt, bei dem Verletztenbegriff des § 77 StGB auf § 373b StPO zurückzugreifen.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. J kann muss den Strafantrag bei einem Gericht oder der Staatsanwaltschaft schriftlich oder zu Protokoll oder bei einer anderen Behörde schriftlich stellen.

Nein, das trifft nicht zu!

Um den Verfolgungswillen des Verletzten beweisen zu können, war das nach § 158 Abs. 1, S. 1, 2, Abs. 2 StPO a.F. tatsächlich der Fall. Die Norm wurde allerdings mit Wirkung zum 17.07.2024 geändert und das Schriftform- und Protokollerfordernis gestrichen.

3. J kann den Strafantrag durch simplen Anruf telefonisch stellen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Auch nach § 158 Abs. 2 StPO n.F. dürfte eine rein telefonische Antragstellung aber nicht ausreichen, weil allein dadurch die Identität der antragstellenden Person nicht sichergestellt ist.
Dein digitaler Tutor für Jura

7 Tage kostenlos* ausprobieren

* Nach dem Probeabo ab 7,99€ /Monat (weitere Infos). Ich akzeptiere die AGB und habe die Datenschutzerklärung zur Kenntnis genommen.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Basti :)

Basti :)

13.9.2024, 17:20:59

Ändert sich evtl. etwas durch den Wegfall der Schriftform in § 158 Abs. 2 StPO?

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

22.9.2024, 17:52:54

Hallo @[Basti :)](154162), eine gute Frage! Die Neufassung des § 158 II StPO trat erst sehr kürzlich in Kraft, sodass man im Schrifttum und der Rspr dazu bisher wenig findet. Es gibt vereinzelte Aufsätze zum Thema, auf die ich aber aktuell keinen online-Zugriff habe (zB Hauser, JZ 2024, 74). Wenn man aber rein vom

Wortlaut

ausgeht, dürfte in unserem Fall entscheidend sein, ob iSv § 158 II StPO "die Identität [...] der antragstellenden Person sichergestellt" ist. Eine rein telefonische Antragstellung dürfte vor diesem Hintergrund nicht ausreichen, weil sich telefonisch viele Personen als die Geschädigte J ausgeben könnten. Übermittelt J zusätzlich per Mail einen Scan ihres Personalausweises, wird man darüber eher diskutieren können. Wir wollen einmal abwarten, in welche Richtung sich die Rechtspraxis zu § 158 II StPO entwickelt, eventuell bietet sich dann ein weiterer Fall zu § 158 II StPO an (oder wir wandeln diesen bestehenden Fall ab). Für den Moment dürfte sich am Ergebnis aber aus den genannten Gründen nichts ändern. Den Fall und die Lösung haben wir ergänzt, um § 158 II StPO abzubilden. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

robse27

robse27

27.9.2024, 00:00:58

Moin zusammen, im zweiten Maßstabskasten steht „J kann muss den Strafantrag bei einem Gericht oder der Staatsanwaltschaft schriftlich oder zu Protokoll oder bei einer anderen

Behörde

schriftlich stellen.“ -> Bitte dieses „kann muss“ verbessern. Danke und LG :)

Linne_Karlotta_

Linne_Karlotta_

7.10.2024, 11:37:35

Hallo robse27, vielen Dank für Deinen Hinweis! Wir haben den Fehler auf unsere Liste gesetzt und werden ihn im nächsten Korrekturgang beheben. Deine Aufmerksamkeit hilft uns, die Qualität unserer Inhalte hochzuhalten. Wir werden diesen Thread als erledigt markieren, sobald wir den Fehler behoben haben. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura

7 Tage kostenlos* ausprobieren

* Nach dem Probeabo ab 7,99€ /Monat (weitere Infos). Ich akzeptiere die AGB und habe die Datenschutzerklärung zur Kenntnis genommen.