Zivilrecht
BGB Allgemeiner Teil
Geschäftsfähigkeit
§ 107 BGB, § 183 S. 2 BGB Widerruf der Einwilligung, Adressat der Einwilligung und des Widerrufs fallen auseinander
§ 107 BGB, § 183 S. 2 BGB Widerruf der Einwilligung, Adressat der Einwilligung und des Widerrufs fallen auseinander
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die Eltern E des 14-jährigen K erzählen Tante T, dass K ihr seinen alten Tennisschläger verkaufen darf. Noch bevor T den K jedoch kontaktieren kann, überlegen die E es sich anders. Sie sagen zu K, dass sie nicht mehr möchten, dass er den Schläger verkauft, weil sein Bruder B ihn bekommen soll.
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Einordnung des Falls
§ 107 BGB, § 183 S. 2 BGB Widerruf der Einwilligung, Adressat der Einwilligung und des Widerrufs fallen auseinander
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die E haben ihre Einwilligung zunächst gegenüber T erteilt, jedoch vor Abschluss des Kaufvertrags nur gegenüber K widerrufen.
Ja!
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2. Die Einwilligung der E bleibt solange wirksam, bis sie der T mitteilen, dass sie diese widerrufen haben (§ 170 BGB analog).
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Blackpanther
27.4.2022, 19:04:03
Wie ist die Folge? Ich könnte mir 2 Möglichkeiten vorstellen: 1) Die Einwilligung ggü. T bleibt bestehen, wenn ihr vor Vornahme des Rechtsgeschäfts kein Widerruf der E zugeht (§ 183 S. 1) und es kommt zum Vertragsschluss. 2) K haftet der T als Vertreter ohne Vertretungsmacht § 179 analog?
Lukas_Mengestu
2.5.2022, 17:20:05
Hallo Blackpanther, da der T gegenüber der Widerruf nicht angezeigt wurde, bleibt diese ihr gegenüber bestehen. Der Vertragsschluss ist also wirksam. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
CR7
7.11.2022, 13:18:43
Nehmen wir an, der Vertrag kommt nicht zustande. Hätte T nicht einen Anspruch aus 179 und cic?
awiertel
23.7.2022, 01:39:34
Aus welchem Grund ist Paragraf 170 BGB hier nur analog anwendbar?
Lukas_Mengestu
27.7.2022, 19:22:18
Hallo awiertel, der Anwendungsbereich einer Norm ergibt sich zunächst aus ihrem Wortlaut. § 170 BGB bezieht sich direkt auf die "Vollmacht", also die durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht (vgl. § 166 Abs. 2 BGB). Hier geht es aber nicht darum, dass K die E vertreten soll, sondern, dass die Eltern zu Ks Geschäft zustimmen. Eine direkte Anwendung scheidet aus. In Betracht kommt insoweit die analoge Anwendung. Hierfür bedarf es 1) einer planwidrigen Regelungslücke und 2) einer vergleichbaren Interessenlage. Da es mit Blick auf die EInwilligung keine eigenständige Regelung hinsichtlich der Fortwirkung gibt (planwidrige Regelungslücke), die Interessenlage aber vergleichbar mit der einer widerrufenen Vollmacht ist (vergleichbare Interessenlage), kann man § 170 BGB hier analog anwenden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Captain Stupid
12.1.2024, 09:01:42
Hallo jurafuchs-Team, grundsätzlich habe ich verstanden, dass der Vertragspartner ein berechtigtes Vertrauen auf den Fortbestand der Einwilligung hat, wenn sie ihm gegenüber erklärt, aber nicht widerrufen wurde. Wie sind aber die Folgen dieser Situation? Ein und dieselbe Willenserklärung ist ja scheinbar gleichzeitig sowohl für den einen Teil wirksam, als auch für den anderen Teil unwirksam. Dieser Zustand muss doch alsbald aufgelöst werden!? Auch in eurer Lösung steht, dass wirksam widerrufen wurde, aber die Einwilligung gegenüber T gleichzeitig wirksam bleibt... Können daraus evtl. Schadensersatzansprüche des auf die Gültigkeit der Einwilligung vertrauenden Teils entstehen ?
Timurso
12.1.2024, 09:41:50
Die Folge ist, dass die Einwilligung im Verhältnis zur T weiter gültig ist, allerdings ggü. anderen nicht. Ein Vertrag kann hier zustande kommen. Insofern ist die T auch nicht schadensersatzberechtigt, da sie (im Falle des Vertragsschlusses) ja Erfüllung verlangen kann.
Captain Stupid
14.1.2024, 01:18:49
Ah okay, vielen Dank für deine Antwort. Ich glaube ich habe hier auch verwechselt, dass es ja tatsächlich nur um den Widerruf der Einwilligung geht, nicht um den Widerruf eines Angebots i.S.d. 145 ff.
Niels
26.7.2024, 10:18:17
Hallo, ich frage mich wieso hier, anders als in den vorherigen Fällen die Einwilligung gegenüber der Tante weiter besteht, obwohl die Sachlage gleich ist; die Einwilligung kann beiden Teilen gegenüber widerrufen werden. Wieso ist hier ein Widerruf gegenüber der Tante notwendig? VERBESSERUNGSVORSCHLAG: ich würde mir wünschen, dass bei den Kommentaren und auch wie hier, beim schreiben eines Kommentars, oben der Fall zu lesen wäre. Während des Lesens eines Kommentars bzw des Verfassens eines, wäre es hilfreich den Sachverhalt nochmals überfliegen zu können um besser zu verstehen, was der Verfasser meint. Oder eben selbst nochmal während des Schreibens nachlesen zu können ohne zurück gehen zu müssen. Gerade für mich, der meist die App verwendet ist das schwierig. Danke dafür!