Strafrecht

BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.

Computerbetrug (§ 263a StGB)

EC Karte vom Kontoinhaber eingesetzt, der Kreditlimit überschritten hat

EC Karte vom Kontoinhaber eingesetzt, der Kreditlimit überschritten hat

1. Juli 2025

8 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

B lädt D zu einem Date ein. Um ihn zu beeindrucken, hebt sie daher € 500 von ihrem Konto bei der S-Bank an einem Geldautomaten von S ab. Damit nimmt sie einen ihr gewährten Dispokredit in Anspruch, obwohl sie weiß, dass sie den Betrag nicht zurückzahlen kann.

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Einordnung des Falls

EC Karte vom Kontoinhaber eingesetzt, der Kreditlimit überschritten hat

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nach der herrschenden Meinung liegt eine unbefugte Verwendung von Daten vor, wenn der Täter Daten gegen den Willen des Berechtigten verwendet.

Nein!

Diese sog. subjektive Auslegung wird von der h.M. abgelehnt. Gegen das reine Abstellen auf den subjektiven Willen des Berechtigten wird angeführt, dass andernfalls jedes pflichtwidrige Verhalten strafrechtlich sanktioniert würde. Dies sei aber gerade von der gesetzgeberischen Intention nicht gewollt (Telos). § 263a StGB solle lediglich die Lücke schließen, die § 263 StGB schafft, weil dort nur ein Mensch Täuschungsadressat sein kann.Selbst wenn man der subjektiven Theorie folgen würde, wäre eine unbefugte Verwendung von Daten hier zu verneinen - Berechtigte im Hinblick auf die eingegebenen Daten ist B selbst, nicht die S-Bank.
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2. Hat B sich nach Ansicht der Rechtsprechung strafbar wegen Computerbetrugs (§ 263a Abs. 1 Var. 3 StGB) zulasten der S-Bank gemacht, indem sie den Dispokredit in Anspruch genommen hat?

Nein, das ist nicht der Fall!

Vorliegend kommt eine Strafbarkeit wegen unbefugter Verwendung von Daten gem. § 263a Abs. 1 Var. 3 StGB in Betracht. Die Rechtsprechung legt das Merkmal „unbefugt“ dabei so aus, dass danach gefragt wird, ob ein Bankangestellter, der lediglich das prüft, was auch der Bankautomat prüft, durch das Verhalten getäuscht würde.Der Bankautomat prüft bei der Abhebung lediglich, ob (1) die Bankkarte korrekt ist und die korrekte PIN eingegeben wird und (2) eine ausreichende Kontodeckung bzw. ein eingeräumter Kreditrahmen vorliegt. Beides ist bei der Abhebung durch die berechtigte B der Fall. Über die Rückzahlungsfähigkeit macht sich der Automat hingegen keinerlei Gedanken, sodass ein Computerbetrug ausscheidet.

3. Durch das Abheben hat sich B aber strafbar wegen Missbrauchs von Kreditkarten (§ 266b StGB) gemacht.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Täter muss nach dem Wortlaut des § 266b Abs. 1 StGB den Austeller der Karte dadurch schädigen, dass er seine Befugnis missbraucht, den Aussteller zu einer Zahlung zu veranlassen. Ein Missbrauch liegt vor, wenn der Täter das rechtliche Dürfen im Innenverhältnis im Rahmen seines rechtlichen Könnens im Außenverhältnis überschreitet.B hebt das Geld bei einem Geldautomaten der S ab. Sie nutzt daher nicht ein von S eingeräumtes Recht, die S im Außenverhältnis zu Zahlungen zu verpflichten. § 266b Abs. 1 StGB nicht einschlägig ist.§ 266b Abs. 1 StGB ist also nicht anwendbar, wenn nur zweit Beteiligte (Bank-Kunde) vorliegen. Vielmehr setzt der Tatbestand mindestens ein Drei-Parteien-System (zB Bank, Kunde, Drittbank) voraus.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

RYD

Ryd

27.10.2024, 23:03:16

Vielleicht habe ich etwas falsch verstanden, aber ich dachte, dass es bei der subjektiven Ansicht auf den Willen des Berechtigten der Daten ankommt. Das wäre doch B, weil es sich bei der Karte um ihre eigenen Daten handelt oder?

AN

annsophie.mzkw

29.11.2024, 17:53:01

Schließe mich der Frage an, verstehe es nämlich auch so.

Nadim Sarfraz

Nadim Sarfraz

24.6.2025, 19:57:47

Hallo @[Ryd](257146), danke für Deine berechtigte Nachfrage, tatsächlich würde hier auch nach der subj. Theorie der Computerbetrug scheitern, da Berechtigte der eingegeben Daten B selbst ist. Wir haben die Aufgabe ein wenig angepasst. (: Liebe Grüße, Nadim für das Jurafuchs-Team

JC1909

jc1909

30.11.2024, 11:49:36

Die hM versteht das Merkmal unbefugt doch so, dass man gegenüber einem gedachten Menschen täuschen müsste. B hätte doch hier gegenüber einem gedachten Bankangestellten

konkludent

über ihre Zahlungsfähigkeit getäuscht, oder nicht?

HAN

hannabuma

2.1.2025, 21:19:36

Es stimmt, dass nach der hM das Merkmal „unbefugt“ vorliegt, wenn die

Verwendung

gegenüber einem Menschen

Täuschung

scharakter hätte. Es muss dabei aber so getan werden, als würde der Mensch nur das prüfen, was auch der Computer prüft. Dieser prüft nur: 1. die Korrektheit der Karte 2. die Korrektheit des PINs 3. die ausreichende Kontodeckung oder den eingeräumten Kreditrahmen Nur diese 3 Punkte sind für den Computer überprüfbar, sodass er auch nur darüber getäuscht werden kann. Darüber hinaus liegt eine

Täuschung

des Computers nur vor, wenn die Karte nicht mit dem Willen des Berechtigten erlangt wurde. (da in der

Verwendung

der Karte die

konkludent

e Erklärung liegt, die Karte mit dem Willen des Berechtigten erlangt zu haben)

MAG

Magnum

24.1.2025, 22:57:54

Im Fall zuvor hieß es aber, dass mit

Verwendung

der Karte auch

konkludent

vorgespielt würde, dass der Benutzer die Karte mit Willen von der Berechtigten erhalten hätte. Insofern ist das ein 4. Punkt, über den getäuscht werden kann, oder?

FEL

felixs02

3.6.2025, 14:13:00

Der Prüfungsumfang ist deutlich umstrittener als hier dargestellt. Es wird auch vertreten, dass der hypothtische Bankangestellte nicht auf das Prüfungsprogramm des Computers reduziert werden darf. Somit halte ich es für gut vertretbar, dass hier über die Zahlungsfähigkeit

konkludent

getäuscht wird und der hypothetische Bankangestellte irrtumsbedingt die

Vermögensverfügung

treffen würde. Ich würde die unbefugte

Verwendung

deshalb hier bejahen.

OKA

okalinkk

24.5.2025, 10:33:18

B wäre hier also straflos?


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