Zivilrecht

Kaufrecht

Verbrauchsgüterkauf

Verjährungshemmung, § 475e Abs. 4 BGB

Verjährungshemmung, § 475e Abs. 4 BGB

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Verbraucherin V kauft am 04.01.2022 von Unternehmerin U einen Tisch. Da sich herausstellt, dass der Tisch von Anfang an mangelhaft war, übergibt V ihn U am 03.01.2024 zur Nachbesserung. Als V den Tisch am 03.02.2024 wiedererhält, stellt V fest, dass derselbe Mangel noch da ist.

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Einordnung des Falls

Verjährungshemmung, § 475e Abs. 4 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Wenn sich ein Mangel nach der Nacherfüllung zeigt, kann der Käufer grundsätzlich weitere Gewährleistungsrechte geltend machen (vgl. § 437 BGB).

Ja!

Der Verkäufer hat ein Recht zur zweiten Andienung. Die Nacherfüllung ist also vor anderen Gewährleistungsrechten geltend zu machen. Wie bereits gesehen, ist bei einem Verbrauchsgüterkauf nach einem einmaligen Fehlschlag der Nacherfüllung ein sofortiger Rücktritt sogar ohne Fristsetzung möglich (§ 475d Abs. 1 Nr. 2 BGB). Dies gilt natürlich nur, wenn die Gewährleistungsrechte auch noch durchsetzbar sind.
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2. Nach der Berechnung der Verjährung nach § 438 BGB wären weitere Gewährleistungsrechte der V in dem Zeitraum, indem U den Tisch nachbessert, verjährt (§ 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Alt. 1 BGB).

Genau, so ist das!

In § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB findet sich der Grundfall, dass Mängelrechte grundsätzlich in zwei Jahren, beginnend mit der Ablieferung der Sache (Abs. 2 Alt. 2), verjähren. Die Berechnung richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen (Ereignisfrist, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB). Fristbeginn wäre demnach der 05.01.2022, Fristende der 04.01.2024. V hat den Tisch am 03.02.2024 wiedererhalten. Die Gewährleistungsrechte der V könnten somit verjährt sein, während U ihrer Verpflichtung zur Nacherfüllung nachkam. Weitere Gewährleistungsrechte bezüglich eines danach vorhandenen Mangels wären dann nicht mehr durchsetzbar.

3. Da weitergehende Gewährleistungsrechte nach § 438 BGB verjährt sind, bleibt V auf dem mangelhaften Tisch sitzen.

Nein, das trifft nicht zu!

§ 475e BGB sieht Sonderbestimmungen über die Verjährung bei Verbrauchsgüterkäufen vor. In Abs. 4 findet sich eine Ablaufhemmung, die vorsieht, dass Gewährleistungsrechte, frühestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt, zu dem der Käufer die Ware zurückbekommt, verjähren. V hat den Tisch am 03.02.2024 zurückbekommen. Ihre Gewährleistungsrechte verjähren also erst am 03.04.2024. Sie kann also noch Mängelrechte geltend machen. Auf § 475e Abs. 4 BGB wird es regelmäßig nicht ankommen, da die Verjährung im Falle eines (konkludenten) Anerkenntnis des Nacherfüllungsanspruchs ohnehin nach § 203 BGB für die Dauer der Nacherfüllung gehemmt ist und nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB nach dem Anerkenntnis neu beginnt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

EVA

evanici

30.8.2023, 16:41:36

Nur zur Absicherung: Sofern § 475e nicht explizit von Waren mit digitalen Elementen bzw. Aktualisierungpflicht spricht, sind die Absätze grundsätzlich auf alle Verbrauchsgüterkäufe anzuwenden, oder? Dass III in diesem Kapitel in einem Fall auftauchte, in dem es um eine Ware mit digitalen Elementen ging (Handy mit von Anfang an fehlerhafter Software), ist folglich rein zufällig und keine Vorausseztung für die Anwendung der Norm, oder?

LELEE

Leo Lee

31.8.2023, 11:45:59

Hallo evanici, so ist es! Bei 475e beziehen sich nur Abs. 1 und 2 aufgrund der Verweisung auf die digitalen Waren. Der Rest (also Abs. 3 und 4) sind also "allgemeine" Vorschriften, die auch hier zur Anwendung gelangten :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo

0815jurafuchs

0815jurafuchs

10.5.2024, 08:03:20

Sofern der Unternehmer den Mangel nur aus Kulanz beheben möchte, müsste der Verbraucher dann durch einen Sachverständigen feststellen lassen, ob und dass ein Mangel vorgelegen hat? Ansonsten könnte der Unternehmer später doch die Einrede der Verjährung erheben, wenn die Behebung des Mangels in den Zeitraum des Ablaufs der Gewährleistungsfrist fällt. Und wenn derselbe Mangel ein zweites Mal auftritt, kann er sich aich auf Verjährung berufen, weil dann im Falle einer Behebung des Mangels nur aus Kulanz gerade kein Anerkenntnis über den Mangel abgegeben wurde. Oder stellt die Behebung eines Mangels immer gleichzeitig ein Anerkenntnis dar, so dass es auf die Kulanz nicht mehr ankommt?


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