Zivilrecht

Kaufrecht

Verbrauchsgüterkauf

Umfang der Aktualisierungspflicht

Umfang der Aktualisierungspflicht

24. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Verbraucherin V kauft von Unternehmerin U ein Smartphone. Damit ist es technisch möglich, an der Kasse mit einer auf dem Gerät hinterlegten Bankkarte zu bezahlen. Das Update gibt es aber nur für Smartphones, die ein Jahr nach dem Kauf rausgekommen sind.

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Einordnung des Falls

Umfang der Aktualisierungspflicht

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Sachmangelbegriff des § 475b BGB ist hier anwendbar.

Genau, so ist das!

Handelt es sich um eine Ware mit digitalen Elementen, ist Kaufrecht anzuwenden (§ 327a Abs. 3 BGB). Hierbei wird allerdings der „normale“ kaufrechtliche Sachmangelbegriff durch den spezielleren des § 475b BGB erweitert. Eine Besonderheit ist dabei die Aktualisierungspflicht des Verkäufers. Es liegt ein Verbrauchervertrag vor (§ 310 Abs. 3 BGB). Das Handy ist eine Ware mit digitalen Elementen (vgl. Legaldefinition in § 327a Abs. 3 S. 1 BGB). Ob ein Sachmangel vorliegt, beurteilt sich also primär nach § 475b BGB.
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2. Fraglich ist hier, ob das Handy den objektiven Anforderungen an die Aktualisierungen (§ 475b Abs. 4 Nr. 2 BGB) gerecht wird.

Ja, in der Tat!

Die zentrale Neuerung des § 475b BGB stellt die Verpflichtung dar, Aktualisierungen für die Ware mit digitalen Elementen vorzuhalten. Hiefür muss stets die Reichweite der Aktualisierungspflicht ermittelt werden. Hinsichtlich der Dauer schreibt § 475b Abs. 4 BGB vor, dass der Unternehmer „dem Verbraucher während des Zeitraums, den er aufgrund der Art und des Zwecks der Ware und ihrer digitalen Elemente sowie unter Berücksichtigung der Umstände und der Art des Vertrags erwarten kann, Aktualisierungen“ bereitzustellen hat. Maßgeblich ist also eine Einzelfallabwägung. Bezüglich des Umfangs gilt, dass die Aktualisierungspflicht lediglich funktionserhaltende Aktualisierungen und Sicherheitsupdates umfasst.

3. Es liegt ein Mangel des Handys vor, da dieses nicht die objektiven Anforderungen an die Aktualisierungspflicht erfüllt (§ 475b Abs. 4 Nr. 2 BGB).

Nein!

Ob die Aktualisierungspflicht noch besteht, ist im Einzelfall zu beurteilen (§ 475b Abs. 4 Nr. 2 BGB). Vom Umfang her ist sie allerdings begrenzt auf funktionserhaltende Aktualisierungen und Sicherheitsupdates. Es ist davon auszugehen, dass die Aktualisierungspflicht nach einem Jahr Nutzung grundsätzlich noch besteht. Fraglich ist allerdings, ob das Update vom Umfang der Aktualisierungspflicht umfasst ist. Das Update, das eine Kartenzahlung per Smartphone ermöglichen würde, würde die bisherigen Funktionen des Smartphones erweitern. Zu so einer Funktionserweiterung ist U aber nicht verpflichtet. Das Handy weicht nicht von den Anforderungen an die Aktualisierung ab. Faust, in: BeckOK BGB, 63. Ed. 01.08.2022, § 475b RdNr. 20; Lorenz, in: Die Umsetzung der EU-Warenkaufrichtlinie in deutsches Recht, NJW 2021, 2065 RdNr. 38; RegE, BT-Drs. 19/27424, 33; Hemmer/Wüst, Das neue Schuldrecht 2022, 1. A. 2022, § 2 RdNr. 39
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

IA

Iris A

27.6.2023, 15:58:29

Ich glaube ich bin noch etwas verwirrt. Die Funktion das Handy mit einer Bankkarte verknüpfen zu können ist ja nicht funktionsnotwendig für das Handy an sich, warum sind dann aber §§ 327 ff. BGB nicht teilweise anwendbar?

HAN

hannabuma

10.7.2023, 11:22:02

Die Begründung würde mich auch interessieren, habe mir dieselbe Frage gestellt.

MER

Merida

4.8.2023, 14:43:48

Vielleicht erfahren wir es ja noch @[Jurafuchs](137809)

BAY

bayilm

24.8.2023, 19:01:17

Also ich verstehe es so, dass die Funktion das Handy mit der Bankkarte zu verknüpfen eine neue Funktion ist, die durch eine Aktualisierung der Betriebssoftware hinzugefügt wird. Es geht hier also nicht alleine um diese Bankkarten-Funktion des Handys, sondern um die Aktualisierung der Betriebssoftware, die eine neue Funktion hinzugefügt. Die Betriebssoftware ist mithin notwendig für die Funktionsfähigkeit des Handy, so dass auch hier der Anwendungsbereich des §§ 327 ff. BGB eröffnet ist. Die

Aktualisierungspflicht

des Unternehmens ist aber nur darauf begrenzt funktionserhaltende Aktualisierungen und Sicherheitsupdates hinzuzufügen, was nicht solche neuen Funktionen wie besagte Bankkarten-Funktion umfasst. Diese ist nicht eine Funktion gewesen, die das Handy zum Zeitpunkt des Kaufs hatte, weshalb der Unternehmer nicht dazu verpflichtet ist, diese durch eine Aktualisierung der Betriebssoftware bei Altgeräten hinzuzufügen. Zu mal solche Features regelmäßig durch Veränderungen der Hardware ergänzt werden und somit bei Altgeräten auch nicht hinzugefügt werden können.

Nocebo

Nocebo

27.7.2024, 10:41:28

Ich verstehe das so, dass das Handy als Ganzes den §§ 475a ff. BGB unterfällt und damit die §§ 327 ff. BGB verdrängt sind. Es geht um die Ware als solche und nicht um die einzelne Funktion.

JO

jomolino

27.8.2024, 18:16:41

Eine Sache ist entweder ein digitales Produkt oder eine eine Ware mit digitalen Elementen. Das ist die weichen stellende Frage welche Normgruppe anwendbar ist und auch welche Anforderungen an den sachmangel Begriff gestellt werden. Das Handy an sich ist eine Ware mit digitalen Elementen, da ohne nicht funktionstüchtig. Ob das konkrete Update von der

Aktualisierungspflicht

umfasst ist, ist wie @[Nocebo](222699) gesagt hat in einem zweiten Schritt zu prüfen. :)


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