Gattungsschuld: Konkretisierung (Bringschuld)

24. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

V kommt mit dem Einkaufen nicht hinterher. Deswegen bestellt er beim Lieferdienst Schimpanse (S) eine Monatsration Tiefkühlpizza. Kurz vor Vs Haustür fällt S der Stapel um und alle Pizzen gehen kaputt.

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Einordnung des Falls

Gattungsschuld: Konkretisierung (Bringschuld)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Vs Anspruch auf Übergabe und Übereignung der Pizzen ist entstanden (§ 433 Abs. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Bei Abschluss eines Kaufvertrages ist der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 BGB). V und S haben einen Kaufvertrag über eine Monatsration Tiefkühlpizza abgeschlossen.
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2. Ob die Übergabe und Übereignung für V unmöglich ist, bestimmt sich nach der Art der vereinbarten Schuld.

Ja!

Bei gegenstandsbezogenen Leistungspflichten hängt der Eintritt der Unmöglichkeit davon ab, ob noch ein geeigneter Leistungsgegenstand vorhanden ist. Dabei unterscheidet man Stück- und Gattungsschulden.Stückschuld liegt vor, wenn der Leistungsgegenstand individuell bestimmt wurde, also nur mit einem ganz bestimmten Gegenstand geleistet werden soll. Steht dieser nicht mehr zur Verfügung, so tritt Unmöglichkeit ein. Bei der Gattungsschuld (§ 243 Abs. 1 BGB) bestimmen die Parteien den Leistungsgegenstand bloß nach allgemeinen Merkmalen als Teil einer Gruppe von Gegenständen (Gattung). Vor der Konkretisierung (§ 243 Abs. 2 BGB) führt nur der Untergang der Gattung zur Unmöglichkeit.

3. V und S haben eine Stückschuld vereinbart.

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine Stückschuld liegt vor, wenn der Leistungsgegenstand individuell bestimmt wurde, also nur mit einem ganz bestimmten Gegenstand geleistet werden soll. Eine Gattungsschuld (§ 243 Abs. 1 BGB) liegt vor, wenn der Leistungsgegenstand bloß nach allgemeinen Merkmalen als Teil einer Gruppe von Gegenständen (Gattung) bestimmt ist.Hier haben sich V und S über serienmäßig gefertigte Pizzen geeinigt.

4. Sofern S alles für seine Leistung Erforderliche getan hat, ist durch die Zerstörung der Pizzen Unmöglichkeit eingetreten (§ 275 Abs. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Sofern der Schuldner alles zu seiner Leistung Erforderliche getan, so konkretisiert sich die Gattungsschuld (§ 243 Abs. 2 BGB). In der Konsequenz wird die Gattungsschuld ab dem Zeitpunkt der Konkretisierung behandelt wie eine Stückschuld. Geht der Leistungsgegenstand nach der Konkretisierung unter, so tritt also Unmöglichkeit ein (§ 275 Abs. 1 BGB).Man spricht hier auch von einem Übergang der Leistungsgefahr, also der Gefahr des zufälligen Untergangs des Leistungsgegenstandes. Bis zur Konkretisierung trägt diese der Schuldner, ab der Konkretisierung der Gläubiger.

5. Ab wann Konkretisierung eintritt, bestimmt sich nach der vereinbarten Leistungshandlung.

Ja!

Mindestvoraussetzung der Konkretisierung ist die Auswahl und Aussonderung von Sachen mittlerer Art und Güte (§ 243 Abs. 1 BGB bzw. § 360 HGB). Im Übrigen ist der Ort an dem die Leistungshandlung zu erbringen ist (Leistungsort bzw. Erfüllungsort) maßgeblich. Hierbei unterscheidet man zwischen Hol-, Bring- und Schickschuld. Bei der Bringschuld liegt der Leistungsort beim Gläubiger. Der Schuldner ist daher verpflichtet, dem Gläubiger die ausgewählte Sache an dessen Wohnsitz tatsächlich anzubieten. Achtung Verwechslungsgefahr! Leistungs- und Erfüllungsort sind Synonyme. Als Erfolgsort bezeichnet man dagegen den Ort, an dem der geschuldete Leistungserfolg (nicht die Handlung) eintritt.

6. S ist verpflichtet, die Tiefkühlpizzen zu V nach Hause bringen. Es liegt eine Bringschuld vor.

Genau, so ist das!

Der Leistungsort richtet sich in erster Linie nach der Vereinbarung der Parteien oder den Umständen des Schuldverhältnissen. Ist keine Vereinbarung getroffen und ergibt sich der Leistungsort auch nicht aus den Umständen, so muss der Schuldner die Leistungshandlung an seinem Wohnsitz (§ 269 Abs. 1 BGB) bzw. Gewerbesitz (§ 269 Abs. 2 BGB) vornehmen.Bei Lieferdiensten ergibt sich auch ohne explizite Abrede, dass die geschuldete Leistung am Wohnort des Gläubiger erbracht wird.Bei der Bringschuld liegen der Leistungsort (Anbieten der Pizza) und der Erfolgsort (Übergang des Eigentums der PIzzen) beide am Sitz des Gläubigers.

7. S hat die geschuldete Gattungsschuld konkretisiert, weshalb durch die Zerstörung der Pizzen Unmöglichkeit eingetreten (§ 275 Abs. 1 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Bei der Bringschuld tritt Konkretisierung ein, wenn der Schuldner die ausgesonderten Sache von mittlerer Art und Güte (§ 243 Abs. 1 BGB bzw. § 360 HGB) dem Gläubiger bringt und in annahmeverzugsbegründender Weise so anbietet, dass er bloß noch zugreifen muss. Erforderlich ist hierfür ein tatsächliches Angebot(§ 294 BGB). Erst durch das Anbieten am Wohnsitz des V hätte S die notwendige Leistungshandlung erbracht. Hier sind die Pizzen aber schon davor kaputt gegangen. Insofern ist keine Unmöglichkeit eingetreten und S weiterhin zur Lieferung verpflichtet.
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