Persönlicher Schutzbereich: Unbefugter Gebrauch eines Fahrzeugs (§ 248b StGB)


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Die Studenten A und B unternehmen gegen den Willen der O eine Spritztour mit deren mintgrünen Fiat 500. Dabei fährt der Fahrer A fahrlässig den Richter R an, der am Straßenrand gerade auf den Bus wartet.

Einordnung des Falls

Persönlicher Schutzbereich: Unbefugter Gebrauch eines Fahrzeugs (§ 248b StGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ein Anspruch des R gegen B aus § 823 Abs. 2 BGB setzt voraus, dass B ein Schutzgesetz verletzt hat.

Ja, in der Tat!

Der Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 248b StGB setzt voraus: (1) den Verstoß gegen ein Schutzgesetz, das den Geschädigten schützt, (2) Rechtswidrigkeit, (3) Verschulden hinsichtlich der Schutzgesetzverletzung und (4) einen dem Schädiger zurechenbaren Schaden.

2. Der unbefugte Gebrauch eines Fahrzeugs (§ 248b StGB) ist ein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB.

Ja!

Schutzgesetz ist eine materielle Rechtsnorm (Art. 2 EGBGB), die nach ihrem Zweck und Inhalt zumindest auch dazu bestimmt ist, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutes zu schützen. Ob dies der Fall ist, ist der jeweiligen Norm im Wege der Auslegung zu entnehmen. Anhaltspunkt für einen Individualschutz ist, dass bereits der Tatbestand der Norm private Rechtsgüter oder Interessen einbezieht. Der unbefugte Gebrauch eines Fahrzeugs (§ 248b StGB) schützt zumindest auch den Gebrauchsberechtigten des Fahrzeugs, hat insoweit also auch individualschützende Wirkung. B hat § 248b StGB rechtswidrig und schuldhaft verletzt, indem er den Fiat zusammen mit A vorsätzlich gegen den Willen der S in Gebrauch nahm.

3. R fällt unter den von § 248b StGB geschützten Personenkreis, weil § 248b StGB auch die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer schützen will.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der unbefugte Gebrauch eines Fahrzeugs (§ 248b StGB) stellt auf den „Berechtigten“ ab. BGH: § 248b StGB diene nur dem Schutz des Gebrauchsberechtigten, bezwecke aber nicht den Schutz der Verkehrsteilnehmer. Zwar würde auch die Sicherheit des Verkehrs und damit einzelne Verkehrsteilnehmer geschützt, indem § 248b StGB den unbefugten Gebrauch eines Fahrzeugs verbiete. Dies sei aber nur Reflex, nicht jedoch Zweck des Gesetzes, auf den es hinsichtlich der Schutzgesetzeigenschaft aber ankomme. Da nur die O, nicht aber R Gebrauchsberechtigter ist, fällt er nicht in den persönlichen Schutzbereich des § 248b StGB.

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frausummer

frausummer

19.1.2021, 13:22:56

Müsste in der ersten Frage nicht nach A bei der Rechtsverletzung gefragt werden? Schließlich fährt A, nicht B.

t o m m y

t o m m y

19.1.2021, 13:26:47

für den A ist 823 II ja recht belanglos (7 stvg, 823 I)

frausummer

frausummer

19.1.2021, 14:36:18

Na genau deshalb spielt es doch eine Rolle für A. B ist ja nicht mal Fahrer

t o m m y

t o m m y

19.1.2021, 14:59:13

genau, er ist nicht mal fahrer. 823 I wird deshalb wohl ausscheiden, 7 stvg wohl eher auch. aber B ist ja ganz unproblematisch mittäter des vorsätzlich verwirklichten 248b stgb! und wenn 248b hier ein schutzgesetz zugunsten des R wäre, dann ließe sich 823 II leicht begründen

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

21.1.2021, 17:17:30

Genau tommy! R hat gegen A unproblematisch die Ansprüche aus 7, 18 stvg, 823 I und 823 II BGB iVm 229 StGB. Uns geht es hier darum, ob R auch Ansprüche gegen B hat. Da 248b StGB kein eigenhändiges Delikt ist, kommt strafrechtlich die Mittäterschaft in Betracht. Zivilrechtlich fällt R hingegen nicht unter den

Schutzzweck der Norm

. I.E. kann R wohl nicht gegen B vorgehen (es sei denn, dieser wäre auch (zivilrechtlich)Mittäter hinsichtlich 823 I oder 823 II BGB iVm. § 229 StGB.

Isabell

Isabell

18.2.2021, 12:47:51

Spannend. Aus dem Wortlaut von 248b StGB hätte ich gerade das Gegenteil angenommen. Von was kann man das ableiten? Oder muss man das in diesem Fall halt einfach wissen?

ri

ri

29.7.2021, 18:21:20

Ich finde man kann sich das ganz gut mit dem Antragserfordernis merken. Das macht erstens deutlich, dass Imdividualinteressen geschützt sind und R würde man hier wohl keine Antragsberechtigung zugestehen.


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