Parken im Halteverbot

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

LKW-Fahrerin F stellt ihren LKW am Rand einer Straße ab, in der ein absolutes Halteverbot gilt (Zeichen 283 zu § 41 StVO), weil sie fahrlässig das Halteverbotsschild nicht sieht. Als Opa O mit seinem Rollator dort die Straße überqueren will, wird er von Fahranfänger A angefahren, der ihn wegen des parkenden LKW erst später sieht.

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Einordnung des Falls

Parken im Halteverbot

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Sämtliche Verhaltensnormen der StVO sind Schutzgesetze i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB.

Nein, das trifft nicht zu!

Schutzgesetz ist eine materielle Rechtsnorm (Art. 2 EGBGB), die nach ihrem Zweck und Inhalt zumindest auch dazu bestimmt ist, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutes zu schützen. Die StVO ist als Ganzes kein Gesetz zum Schutz privater Interessen. Regelmäßig ist der Schutzzweck der StVO-Vorschriften in erster Linie das Allgemeininteresse der Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs. Daher können sie als Schutzgesetze nur qualifiziert werden, wenn das jeweilige Verbot darüber hinaus auch den Schutz bestimmter Rechtsgüter der Verkehrsteilnehmer bezweckt.
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2. § 41 Abs. 1 StVO i.V.m. Zeichen 283 ist ein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB.

Ja!

Ob eine Rechtsnorm nach ihrem Zweck und Inhalt zumindest auch dazu bestimmt ist, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutes zu schützen, ist der jeweiligen Norm im Wege der Auslegung zu entnehmen. Anhaltspunkt für einen Individualschutz ist, dass bereits der Tatbestand der Norm private Rechtsgüter oder Interessen einbezieht. Das absolute Halteverbot (§ 41 Abs. 1 StVO i.V.m. Zeichen 283 der Anlage 2 zur StVO), gegen das F verstoßen hat, dient auch dem Schutz der die Fahrbahn überquerenden Fußgänger und nicht nur dazu, den Ablauf des fließenden Verkehrs zu erleichtern. Es soll Fußgängern, welche die Straße überqueren, eine bessere Übersicht über den Verkehrsverlauf ermöglichen und damit zur Schadensverhütung beitragen.

3. O fällt unter den von § 41 Abs. 1 StVO i.V.m. Zeichen 283 geschützten Personenkreis.

Genau, so ist das!

Das absolute Halteverbot schützt die Verkehrsteilnehmer am Ort des Halteverbots. O hat als Fußgänger die Straße, in der das Halteverbot gilt, überquert.

4. F handelte rechtswidrig.

Ja, in der Tat!

Der Verstoß gegen das Schutzgesetz indiziert die Rechtswidrigkeit. Rechtfertigungsgründe zugunsten der F sind nicht ersichtlich.

5. Ein Verschulden der F ist nicht erforderlich, weil hier das Schutzgesetz kein Verschulden voraussetzt.

Nein!

Verlangt das Schutzgesetz selbst kein Verschulden, ist im Rahmen des § 823 Abs. 2 BGB dennoch ein Verschulden erforderlich, nämlich mindestens Fahrlässigkeit (§ 823 Abs. 2 S. 2 BGB). Dieses muss sich auf den Verstoß gegen das Schutzgesetz beziehen, nicht aber auf den Schaden und die Rechtsgutsverletzung, weil diese nicht zum Tatbestand des Verbotsgesetzes gehören. Liegt die Schutzgesetzverletzung vor, wird das Verschulden jedoch vermutet. Weil § 41 Abs. 1 StVO i.V.m. Zeichen 283 kein Verschulden voraussetzt, ist hier nach § 823 Abs. 2 S. 2 BGB ein Verschulden erforderlich. F hat fahrlässig das Halteverbot missachtet.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SCH

Schwanzanwaltschaft

7.2.2024, 19:50:00

Interessant, wär ich nicht drauf gekommen.


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