Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Versuch und Rücktritt

Rücktritt vom beendeten Versuch – Beenden der Rücktrittshandlung

Rücktritt vom beendeten Versuch – Beenden der Rücktrittshandlung

10. Februar 2025

6 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T hat ihren Ehemann O vergiftet. Als O anfängt zu taumeln, bereut sie die Tat und ruft den Notdienst. Als dieser eintrifft, erzählt sie dem Notarzt nichts von der Vergiftung und sagt, sie wisse nicht, was los sei. Der Ehemann überlebt am Ende aus Zufall.

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Einordnung des Falls

Rücktritt vom beendeten Versuch – Beenden der Rücktrittshandlung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ts Versuch des Totschlags (§§ 212 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB) ist fehlgeschlagen.

Nein!

Ein Versuch gilt dann als fehlgeschlagen, wenn der Täter glaubt, dass er den Erfolg nicht mehr herbeiführen kann, ohne eine völlig neue Kausalkette in Gang zu setzen. T dachte, dass die Vergiftung des O zu seinem Tod führen würde. Aus dem Sachverhalt des Originalfalles geht nicht hervor, warum der Erfolg am Ende nicht eingetreten ist.
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2. Es liegt ein beendeter Versuch vor.

Genau, so ist das!

Ein Versuch gilt dann als beendet, wenn der Täter glaubt, dass er alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat. Dabei reicht es aus, dass der Täter es für möglich hält, dass er alles Erforderliche getan hat, aber auch, wenn er sich keine Gedanken macht, aber die Möglichkeit sieht. T hat mit dem Vergiften bereits alles Erforderliche getan, um den Tod des O herbeizuführen. Hier musst Du darauf achten, nicht unsauber zu arbeiten. Denn die Anforderungen an den Rücktritt hängen davon ab, ob ein unbeendeter oder beendeter Versuch vorliegt.

3. T hat den Eintritt des Taterfolges nach der Rechtsprechung verhindert und ist somit wirksam zurückgetreten (§ 24 Abs. 1 S. 1 Var. 2 StGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Bei beendeten Versuchen ist es erforderlich, dass der Täter den Eintritt des Erfolges verhindert. Dafür muss der Täter objektiv für die Erfolgsverhinderung kausal geworden sein. In subjektiver Hinsicht muss der Täter den von ihm in Gang gesetzten Kausalverlauf bewusst und gewollt unterbrechen. Der BGH hat einen Rücktritt verneint, da T die begonnene Rücktrittshandlung nicht zu Ende geführt habe. Für ein Beenden der Rücktrittshandlung sei erforderlich gewesen, dem Notarzt auch die Vergiftung und die Art des Giftes mitzuteilen, wobei sich T nicht als Täterin hätte zu erkennen geben müssen. Grund dafür sei, dass die Mitwirkung hier notwendig gewesen wäre. Vorliegend hätte auch kein Vorsatz bezüglich des Rücktrittes mehr vorgelegen, als der Notarzt das Opfer erreichte.

4. Diese Entscheidung wird von der Literatur kritisiert.

Ja!

Da die Ursache des Überlebens des O nicht erkennbar ist, ist unklar, ob die Mitwirkung der T tatsächlich erforderlich gewesen wäre. Vorliegend hat O zumindest auch ohne dieses überlebt. Es passt auch nicht mit der sonstigen Definition zusammen, dass darüber hinaus weitere Handlungen als das In-Gang-Setzen des Kausalverlaufes erforderlich sind. Die Begründung über den fehlenden Vorsatz wirkt etwas aus der Luft gegriffen. So stellt sich die Frage, ob der Täter nicht zurücktritt, wenn er nach dem Rufen des Notarztes diese Rettungshandlung bereut und den Rettungsvorsatz aufgibt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

JO

jomolino

24.10.2021, 16:25:00

Ich_ verstehe die Wertung im verglich zu dem Fall in dem der Ehemann die Frau in die Nähe des Krankenhause gebracht hat nicht . Dort ist die Verhinderung bejaht worden ( aufgrund der Kausalität ?) hier ist es doch genauso : kausal Aber nicht ausreichend/da nicht die gewählte Option voll ausschöpfend und die Verhinderung wurde direkt verneint, oder unterliege ich einem Missverständnis ?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

25.10.2021, 17:21:00

Hallo nomamo, vielen Dank für den Hinweis. Wir haben die Aufgaben nun insoweit angeglichen, dass wir in der Frage nun direkt danach fragen, ob T wirksam zurückgetreten ist. Denn tatsächlich sind die beiden Fälle deckungsgleich. Beide fallen in die Kategorie "abgebrochene Rettungshandlung", in der die Rechtsprechung von ihrer sonstigen Linie (reine Kausalität genügt), abgewichen ist. Beste Grüße, Lukas - für das

Jurafuchs

-Team

Rechtsanwalt B. Trüger

Rechtsanwalt B. Trüger

8.1.2025, 14:39:20

Das bedeutet dann doch aber, dass für den BGH derjenige, der den Hörer betätigt, 112 wählt und dann direkt abhaut besser steht, als derjenige, der dann dabei bleibt und auf den Notarzt wartet. Kann ja nicht Sinn der Sache sein :)

ÖA

ÖA

30.1.2025, 17:20:59

Es scheint, als würde würde der BGH in solchen Situationen

Einzelfall

abhängig entscheidet und somit immer mal wieder von seiner Linie abweicht. Ich schätze, dass liegt vorliegend vor allem an der wirkweise von Gift. Verletzt man jemanden am Körper, so weiß der Notarzt wie er wo und wie behandeln muss. Er muss nur ankommen die Blutung stoppen, Wunde heilen etc. pp. Beim Gift kann er nicht helfen ohne zu wissen was Sache ist: Also sollte auch nur den Hörer betätigen nicht genügen. Vielmehr müsste es für den Arzt ad hoc erkennbar sein, um welche Vergiftung es sich handelt. Das das Opfer nicht gestorben ist, ist ja lt. SV dem Zufall ge

schuld

et. Aber ich hab das Urteil nicht gelesen, vielleicht ist dieser aufschlussreicher.


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