Gutläubiger Erwerb eines Fahrzeugs von einem Händler, das dieser zuvor gestohlen hat


mittel

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Examensklassiker

Autohändler H sieht bei T einen Oldtimer. H bricht bei T ein und entwendet den Wagen samt Zulassungsbescheinigung I und II, die auf den Namen des T lauten. H verkauft den Wagen an G. G stutzt, weil H nicht in den Papieren eingetragen ist, glaubt aber, dass H Eigentümer, oder zumindest zum Verkauf befugt ist.

Einordnung des Falls

Gutläubiger Erwerb eines Fahrzeugs von einem Händler, das dieser zuvor gestohlen hat

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. G hat Eigentum nach § 929 S. 1 BGB erlangt.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Übereignung nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) Einigung, (2) Übergabe, (3) Einigsein bei Übergabe, (4) Berechtigung des Veräußerers. H und G haben sich über den Eigentumsübergang geeinigt. H hat G das Auto übergeben. H und G waren zum Zeitpunkt der Übergabe einig, dass das Eigentum an G übergehen soll. H war jedoch nicht verfügungsbefugt. Eigentümer war weiterhin T .

2. G war hinsichtlich der Eigentümerstellung gutgläubig (§ 932 Abs. 2 BGB).

Nein!

Der Erwerber ist nicht in gutem Glauben,wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört, § 932 Abs. 2 BGB.G wusste nicht positiv, dass H nicht Eigentümer des Wohnmobils war. Allerdings hatte G Zweifel an der Eigentümerstellung des H, da H nicht in den Zulassungsbescheinigungen als Halter eingetragen war. Nach Ansicht der Rechtsprechung muss der Erwerber grundsätzlich Nachforschungen anstellen, wenn der Verkäufer eines KFZ nicht in den Zulassungsbescheinigungen als Halter eingetragen ist. G war daher nicht gutgläubig hinsichtlich der Eigentümerstellung des G.

3. G war hinsichtlich der Verfügungsbefugnis des H gutgläubig nach § 932 BGB.

Nein, das ist nicht der Fall!

§ 932 Abs. 2 BGB schützt nur den guten Glauben an das Eigentum des Veräußerers. Nicht erfasst ist von der Vorschrift der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis des Veräußerers.

4. G war gutgläubig hinsichtlich der Verfügungsbefugnis des H (§§ 366 HGB, 932 Abs. 2 BGB).

Ja, in der Tat!

Der gute Glaube nach § 366 HGB setzt voraus: (1) Veräußerung einer beweglichen Sache durch einen Kaufmann, (2) im Betrieb seines Handelsgeschäfts, (3) Nichtberechtigung des Kaufmanns, (4) Gutgläubigkeit des Erwerbers, § 932 Abs. 2 BGB, (5) im Hinblick auf die gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Verfügungsbefugnis des Kaufmanns.H ist Kaufmann und veräußert im Betrieb seinen Handelsgeschäfts als Nichtberechtigter das KFZ des T. G ist im Hinblick auf die Verfügungsberechtigung des H gutgläubig, § 932 Abs. 2 BGB: Unerheblich ist, dass H nicht als Halter des KFZ in den Zulassungsbescheinigungen eingetragen ist. Der Besitz an der Zulassungsbescheinigung liefert eine Rechtsscheinbasis für die Verfügungsbefugnis des Händlers. Beim Erwerb von Kfz-Händlern erwartet die Praxis regelmäßig keine Eintragung des Händlers selbst, weil diese nicht üblich ist. G durfte daher auf die Verfügungsbefugnis des G vertrauen, ohne weitere Nachforschungen anstellen zu müssen.

5. G hat Eigentum nach §§ 929 S. 1, 932 BGB, § 366 HGB erworben.

Nein!

Der Eigentumserwerb nach §§ 929 S. 1, 932 BGB setzt voraus: (1) Übereignung nach § 929 S. 1 BGB durch Übergabe vom Veräußerer, (2) Fehlende Berechtigung des Veräußerers, (3) Verkehrsgeschäft, (4) Gutgläubigkeit des Erwerbers bzgl. der Eigentümerstellung des Veräußerers (§ 932 Abs. 2 BGB), (5) Kein Abhandenkommen der Sache (§ 935 BGB). Eine Übereignung nach § 929 S. 1 BGB liegt vor. H war nicht verfügungsbefugt und es handelt sich um ein Verkehrsgeschäft. G war auch gutgläubig (§ 932 Abs. 2 BGB, § 366 HGB). Der Wagen ist T jedoch abhandengekommen. G konnte daher nicht gutgläubig Eigentum erwerben.

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