Gutgläubiger PKW Erwerb nachts um 1 Uhr auf Imbissparkplatz?
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
B mietet einen Lamborghini von Eigentümer E. Statt ihn zurückzugeben, inseriert er ihn online für €70.000. Autofan A besichtigt das Auto nachts auf einer Tankstelle. Sie einigen sich über den Eigentumsübergang und A zahlt noch vor Ort.
Kann E von A Herausgabe verlangen?
Einordnung des Falls
Gutgläubiger PKW Erwerb nachts um 1 Uhr auf Imbissparkplatz?
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 9 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Wenn E Eigentümer und A Besitzer des Lamborghinis ist, könnte sich ein Herausgabeanspruch des E aus § 985 BGB ergeben.
Ja!
2. Ursprünglich war E Eigentümer des Wagens. Hat A das Eigentum an dem Auto nach § 929 S. 1 BGB erlangt, sodass E sein Eigentum daran verloren hat?
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Das Fehlen der Verfügungsbefugnis des B könnte durch die Regeln über den gutgläubigen Erwerb überwunden werden (§ 932 BGB).
Ja, in der Tat!
4. Der gutgläubige Erwerb scheitert daran, dass E der Wagen abhanden gekommen ist (§ 935 BGB).
Nein!
5. Da A nichts von Bs fehlender Verfügungsbefugnis wusste, konnte er gutgläubig erwerben.
Nein, das ist nicht der Fall!
6. Beim Gebrauchtwagenkauf wird grobe Fahrlässigkeit angenommen, wenn sich der Erwerber die Zulassungsbescheinigung Teil II nicht vorlegen lässt.
Ja, in der Tat!
7. Ein gutgläubiger Erwerb scheitert stets auch dann, wenn zwar ein Kfz-Brief vorgelegt wird, dieser aber gefälscht ist.
Nein!
8. B zeigte A die Zulassungsbescheinigung Teil II, in der E als Eigentümer ausgewiesen war, wobei er vorgab, bevollmächtigt zu sein. Hat A den Wagen somit gutgläubig erworben?
Nein, das ist nicht der Fall!
9. A ist auch Besitzer ohne Recht zum Besitz. E kann von A nach § 985 BGB die Herausgabe verlangen.
Ja, in der Tat!
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paul
7.8.2023, 15:04:41
Ist es ohnehin nicht ummöglich, von einem falsus procurator gutgläubig zu erwerben, weil man dann lediglich guten Glauben hinsichtlich der Verfügungsbefugnis hätte und das nicht der richtige Anknüpfungspunkt ist(das wäre Eigentum)? Und im Originalfall ist es ja so, dass der Vertretene selbst nicht Eigentümer ist, weshalb da der gute Glauben bezüglich des Eigentums des Vertretenen in Frage gekommen ist.
Leo Lee
10.8.2023, 16:44:59
Hallo paul, es ist tatsächlich grds. nicht möglich, gutgläubig von einem falsus Procurator Eigentum zu erwerben. Aber nur dann, wenn derjenige auch als PROCURATOR auftritt (und eben keine Macht hat zu vertreten - falsus). Vorliegend tritt der B nicht als Vertreter von E auf, sondern selbst als Eigentümer, womit es auf seine mgl. Eigenschaft als falsus Procurator nicht ankommt. Beachte noch in diesem Kontext, dass bei § 366 HGB auch der gute Glaube an die Vertretungsmacht von der h.M. geschützt wird. Hierzu kann ich die Lektüre von MüKo-BGB, 9. Auflage, Oechsler § 932 Rn. 10 ff. empfehlen :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo
Niklas
11.8.2023, 19:21:06
Kleiner Einwurf: in unserem Repetitorium wird eine aA bzgl der analogen Anwendung des § 366 HGB auf die Vertretungsmacht vertreten: Arg: ein Kaufmann, der im fremden Namen auftritt, macht es dem Käufer leicht, bei dem vermeintlichen Vertretenen Erkundigungen einzuholen. Insofern ist der Käufer also weniger schutzwürdig. Wendet man § 366 hier trotzdem analog an, würde das den differenzierten gesetzlichen Gutglaubensschutz zu sehr zugunsten des gutgläubigen Dritten verschieben.
LawGirl
30.8.2023, 00:46:59
Fehlendes Besitzrecht des A trotz wirksamen Kaufvertrags mit B? Kann mir das noch mal jemand erklären?
cann1311
30.8.2023, 01:36:58
Relativität der Schuldverhältnisse
. A hat zwar gegen B ein Recht zum Besitz, mit E ist er aber nie in Kontakt getreten. Schuldverhältnisse geltern nur inter partes - zwischen den Partein. E ist keine Partei des Vertrags von A und B, folglich kann sich A auch nicht auf den Kaufvertrag mit B berufen wenn E sein eigentum will
LawGirl
30.8.2023, 22:52:13
Danke!! War ein Denkfehler 😅
Dogu
13.11.2023, 21:51:15
Eigentlich fällt das Problem ja eher in den Bereich Besitzrechtskette. Der Zwischenmann war aber nicht zur Übertragung des Besitzes an den unmittelbaren Besitzes berechtigt. Anders etwa bei der zulässigen Untervermietung.
jc1909
6.2.2024, 16:52:27
Im Sachverhalt steht überhaupt nichts von einem etwaigen Vorzeigen des KFZ-Briefes etc. Daher ist die Aufgabe schlecht zu lösen.
Lorenz
24.4.2024, 11:11:18
genau das habe ich auch gedacht. Natürlich wird der bei einer Miete nie übergeben, aber man hätte es reinschreiben können.
Artimes
10.2.2024, 23:57:16
Lässt sich die Rspr. zum gutgl. Erwerb von Kfz in der Klausur analog auf andere Fahrzeuge übertragen?
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Charliefux
6.4.2024, 19:39:19
Hallo @[Artimes](3106)! Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich deine Frage richtig verstanden habe. Du fragst hier nach der analogen Anwendung der Rechtsprechung bezüglich anderen Fahrzeugen? Zunächst einmal bedarf es analoger Anwendung nur bei gesetzlichen Vorschriften, sofern eine nicht gesetzlich geregelte Situation auftaucht, die aber der gesetzlichen Regelung bedarf. Dabei braucht man also (1) eine planwidirge Regelungslücke und (2) eine vergleichbare Interessenlage. Rechtsprechung ist in deinen Gutachten nicht direkt anwendbar, damit korrigierst du zwar ggf. Ergebnisse aus Wertungsgründen oder löst Probleme nach Leitlinien der Rechtsprechung (wobei du im ersten Staatsexamen auch genauso gut der Literatur folgen kannst, wenn dies vertretbar und begründet ist!). Somit bedarf es keinesfalls „analoger Anwendung von Rechtsprechung“. Allerdings kannst du die hier vom BGH entschiedenen Wertungen genauso gut auf LKW oder Motorrad Erwerbe anwenden. Achte dabei aber darauf, dass du in deiner Klausur den Lösungsweg selber strukturiert und Anhand von Argumenten herleitetst, anstatt nur zu schreiben „der BGH löst xy folgendermaßen..“ Ich hoffe ich konnte dir weiterhelfen.
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GutgläubigerRitter
1.7.2024, 12:27:10
Hallo, warum ist in den Fragen teilweise von Gutgläubigkeit bzgl. der Verfügungsbefugnis die Rede? Müsste es in diesem Falle nicht das Eigentum sein (§ 366 I HGB scheint mir nicht einschlägig) oder habe ich da etwas im Sachverhalt übersehen?