Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Schuld

Auf die individuelle, intellektuelle Entwicklung kommt es nicht an.

Auf die individuelle, intellektuelle Entwicklung kommt es nicht an.

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die 13-jährige T ist hochbegabt und für ihr Alter intellektuell extrem weit entwickelt. Dennoch steckt sie im KaDeWe eine ungesicherte Gesichtsmaske von Burberry in ihre Tasche, um bei ihren deutlich älteren Mitschülern (sie hat einige Klassenstufen übersprungen) neidische Blicke auf sich ziehen.

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Einordnung des Falls

Auf die individuelle, intellektuelle Entwicklung kommt es nicht an.

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat schuldhaft gehandelt.

Nein!

Schuldhaftes Handeln setzt Schuldfähigkeit voraus. Nach der unwiderleglichen Vermutung des § 19 StGB sind alle Kinder, die bei Begehung der Tat noch nicht 14 Jahre alt sind (Berechnung nach § 187 Abs. 2 S. 2 BGB, der Tag der Geburt ist mitzurechnen), schuldunfähig. Auf die individuelle intellektuelle, sittliche und charakterliche Entwicklung kommt es nicht an.T verwirklicht den objektiven Tatbestand des Diebstahls (§ 242 Abs. 1 StGB). Sie handelt auch vorsätzlich und rechtswidrig. Die Vermutung der Schuldunfähigkeit ist allerdings unwiderleglich, sodass T ungeachtet ihrer Hochbegabung schuldunfähig ist.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

CH1RON

CH1RON

3.5.2022, 20:34:58

Wie hartnäckig ihr am Ball bleibt, dass es sich um eine _unwiderlegliche_ Vermutung handelt, Respekt!

EB

Elias Von der Brelie

18.5.2023, 18:45:19

Es steht geschrieben "unwiderlegliche Vermutung" also wird wohl auch unwiderlegliche Vermutung gemeint sein.

Annabelle

Annabelle

20.10.2023, 09:12:29

Die Antwort ist hier falsch: Die Frage ist, ob T schuldhaft gehandelt hat. Das hat sie trotz ihres individuell höheren Entwicklungsstands. Die Lösung müsste sein „Die Aussage stimmt“.

SE.

se.si.sc

20.10.2023, 11:25:42

Ich kann den Einwand offen gesagt nicht nachvollziehen. Ja, die Frage ist, ob T schuldhaft gehandelt hat. § 19 StGB sagt uns, dass das eindeutig nicht der Fall ist, weil sie noch nicht 14 Jahre alt und damit schuldunfähig ist; ihr Alter schließt also die Schuldfähigkeit aus. Die Frage wäre höchstens, ob ihr hoher Entwicklungsstand daran etwas ändert, man ihr die Tat also deshalb doch persönlich vorwerfen kann. Genau solche Diskussionen soll § 19 StGB aber gerade vermeiden, er stellt (unwiderlegbar!) auf eine starre Altersgrenze ab. Es bleibt daher bei der Schuldunfähigkeit der T.

LELEE

Leo Lee

21.10.2023, 16:47:16

Hallo Annabelle, wie se.si.sc zutreffend angemerkt hat geht es hier allen voran darum, dass Strafunmündigkeit (bis 14 Jahre) dafür sorgt – egal ob das Kind frühreif ist oder nicht – dass ein schuldhaftes Handeln nicht möglich ist. Das von dir angesprochene Problem, dass Kinder trotzdem die nötige Einsicht haben können, ist auch Anlass für rechtspolitische Dikussionen für die Herabsetzung des Alters für die Strafmündigkeit. Allerdings ist es nach der jetzigen Rechtslage immer noch der Fall, dass bis 14 Jahren – egal wie viel Einsicht man hat – eine schuldhafte Begehung per se nicht möglich ist. Hierzu kann ich dir die Lektüre von Fischer StGB 69. Auflage, § 19 Rn. 1 ff. empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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