+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T lässt ihre Schnauzer-Hündin im Wald frei laufen und jagen. Als sie dabei ist, ein Kaninchen in seinem Bau zu stellen, kommt Spaziergänger O vorbei. Die Hündin springt den O unvermittelt an und beißt eine tiefe Wunde in seinen Arm.

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Einordnung des Falls

"Nicht gehetzter" Hund

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat an O eine Körperverletzung mittels eines "anderen gefährlichen Werkzeugs" (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2 StGB) begangen.

Nein, das trifft nicht zu!

BGH: Es entspreche dem Zweck des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB, bei der Begehungsweise "mittels eines anderen gefährlichen Werkzeugs" nicht zu unterscheiden, ob der Täter den Angriff mittels einer toten Sache durch Aufwendung eigener Kraft ausführe oder ob er seinen Willen einsetze und ein auf Menschen abgerichtetes Tier veranlasse, den Angriff auszuführen. Voraussetzung sei stets, dass das Werkzeug nach seiner objektiven Beschaffenheit und der Art seiner Benutzung zu einem gefährlichen Werkzeug gemacht werde und dass seine Anwendung im Einzelfall die Gefahr erheblicher Verletzungen mit sich bringe. T hat ihre Hündin hier jedoch weder darauf abgerichtet noch dazu veranlasst, O anzugreifen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

LH

L. H.

16.1.2021, 11:22:30

Soweit ich weiß, hat T bezüglich ihres Hundes ja eine Überwachergarantenstellung inne; sie müsste also dafür Sorgen, dass dieser Gegenstand keinen Schaden anrichtet. Wäre hier nicht eine

Garantenpflicht

verletzung und/oder ein dolus eventualis bezüglich einer Körperverletzung an jeglichen Spaziergängern im Wald zu erkennen? Oder lässt der Sachverhalt nicht genau erkennen, ob hier Vorsatz oder Fahrlässigkeit vorliegt ..?

Marilena

Marilena

18.1.2021, 17:02:13

Danke für den Hinweis! Das sind gute Überlegungen. Wenn der Hund vorher noch nie einen Menschen angefallen hat, würde ich jedoch die

objektive Vorhersehbarkeit

des Erfolges (objektive Zurechnung) bei der fahrlässigen Körperverletzung verneinen. Und für einen Eventualvorsatz gibt der Sachverhalt mMn auch nichts her.

nullumcrimen

nullumcrimen

20.5.2024, 20:55:33

Würde hier nicht bereits eine Prüfung des §224 an dem fehlenden subjektiven TB des §223 I scheitern? Oder wäre es klausurtechnisch schlauer §224 mitzuprüfen bevor man den subj. TB verneint?

Gruttmann

Gruttmann

21.5.2024, 09:03:14

Ich denke, es kommt darauf an, wie du deine folgende Klausur dann aufbauen möchtest. Man sollte einen einheitlichen Aufbau verwenden. Also entweder prüfet du eine mögliche Qualifiaktion dann immer mit oder nicht.

TUBAT

TubaTheo

19.6.2024, 23:46:09

Würde hier nicht schon die objektive Zurechnung bei der einfachen Körperverletzung entfallen, womit wir gar nicht erst zur Prüfung der Qualifikation kommen? Einen Hund unangeleint laufen zu lassen, ist, sofern keine Leinenpflicht besteht oder der Hund nicht vorher schon auffällig war, nicht rechtlich missbilligt.


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