"Nicht gehetzter" Hund
19. Mai 2025
10 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T lässt ihre Schnauzer-Hündin im Wald frei laufen und jagen. Als sie dabei ist, ein Kaninchen in seinem Bau zu stellen, kommt Spaziergänger O vorbei. Die Hündin springt den O unvermittelt an und beißt eine tiefe Wunde in seinen Arm.
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Einordnung des Falls
"Nicht gehetzter" Hund
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat an O eine Körperverletzung mittels eines "anderen gefährlichen Werkzeugs" (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2 StGB) begangen.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
L. H.
16.1.2021, 11:22:30
Soweit ich weiß, hat T bezüglich ihres Hundes ja eine Überwacher
garantenstellunginne; sie müsste also dafür Sorgen, dass dieser Gegenstand keinen
Schadenanrichtet. Wäre hier nicht eine
Garantenpflichtverletzung und/oder ein
dolus eventualisbezüglich einer Körperverletzung an jeglichen Spaziergängern im Wald zu erkennen? Oder lässt der Sachverhalt nicht genau erkennen, ob hier
Vorsatzoder Fahrlässigkeit vorliegt ..?

Marilena
18.1.2021, 17:02:13
Danke für den Hinweis! Das sind gute Überlegungen. Wenn der Hund vorher noch nie einen Menschen angefallen hat, würde ich jedoch die
objektive Vorhersehbarkeitdes Erfolges (
objektive Zurechnung) bei der fahrlässigen Körperverletzung verneinen. Und für einen
Eventualvorsatzgibt der Sachverhalt mMn auch nichts her.

nullumcrimen
20.5.2024, 20:55:33
Würde hier nicht bereits eine Prüfung des §224 an dem fehlenden subjektiven TB des
§223I scheitern? Oder wäre es klausurtechnisch schlauer §224 mitzuprüfen bevor man den subj. TB verneint?

Gruttmann
21.5.2024, 09:03:14
Ich denke, es kommt darauf an, wie du deine folgende Klausur dann aufbauen möchtest. Man sollte einen einheitlichen Aufbau verwenden. Also entweder prüfet du eine mögliche Qualifiaktion dann immer mit oder nicht.
TubaTheo
19.6.2024, 23:46:09
Würde hier nicht schon die
objektive Zurechnungbei der einfachen Körperverletzung entfallen, womit wir gar nicht erst zur Prüfung der Qualifikation kommen? Einen Hund unangeleint laufen zu lassen, ist, sofern keine Leinenpflicht besteht oder der Hund nicht vorher schon auffällig war, nicht rechtlich missbilligt.
annsophie.mzkw
23.10.2024, 10:34:12
Es gibt durchaus Gemeinden, in denen einen Leinenzwang sowie teils sogar eine Maulkorbpflicht (jedenfalls für sog. „gefährliche Hunderassen“) besteht, wobei hier halt Angaben im SV dazu fehlen. In dem Falle läge also ggf. durchaus ein rechtlich relevantes Risiko vor. Fraglich wäre dann aber im Übrigen natürlich noch das Vorliegen von
Vorsatz.

Christine
21.4.2025, 14:16:34
@[TubaTheo](201157)Würde dir grds. zustimmen, denke aber man könnte hier noch damit argumentieren, dass der Hund im "Jagdmodus" war und wenn die das sind, dann sind die ja nicht mehr kontrollierbar und das ein jagender Hund eine Gefahr darstellt, ist ja auch durchaus bekannt. Selbst bei speziell abgerichteten Jagdhunden ist es ja schwer, die noch zurückzurufen, wenn die gerade im Modus sind. Dass die dann alles um sich herum anfallen, was potentiell Beute darstellt, würde ich schon als rechtlich missbilligt ansehen (Will aber nicht abstreiten, dass ich voreingenommen bin, weil ich selbst schon sehr häufig mich gegen jagende Hunde verteidigen durfte, während ich mit meinem Pferd spazieren war. Immer wieder schön :))

Charles "Chuck" McGill
29.4.2025, 16:35:46
@[TubaTheo](201157) Ich würde das rechtlich misbilligte Risiko darin sehen, dass der Hund nicht hinreichend beobachtet wurde und dann am
Vorsatzscheitern.

Tim Gottschalk
30.4.2025, 20:32:07
Hallo @[TubaTheo](201157), wie auch @[Christine](279738) und @[Charles "Chuck" McGill](291345) würde ich die
objektive Zurechnunghier bejahen. Jedenfalls, wenn der Hund unangeleint und unbeaufsichtigt ist, ist das rechtlich missbilligt. Das Gesetz geht schon in
§ 833BGB davon aus, dass Tiere unberechenbar und gefährlich sind. Insofern ist das Verhalten der T hier auf jeden Fall rechtlich missbilligt. Wenn du das anders siehst, würde das dazu führen, dass die T strafrechtlich gar nicht für ihren Hund haften würde, selbst wenn sie
Vorsatzbezüglich der Verletzung anderer hätte. Das halte ich für nicht vertretbar und ist auch nicht vom allgemeinen Lebensrisiko oder erlaubten Risiko umfasst. Vielmehr kann jeder darauf vertrauen, dass
Fremde auf ihre Tiere so ausreichend aufpassen, dass es nicht zu Schäden kommen kann. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team
galapagosgarry
7.2.2025, 16:25:34
Der Link zum BGH ist falsch gesetzt. Er führt zu Bundesgerichtshof Urt. v. 26.02.1960, Az.: 4 StR 582/59, bei dem es um Unzucht mit dem eigenen Sohn geht.