Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Schuld

Vermeidbarkeit Verbotsirrtum 2

Vermeidbarkeit Verbotsirrtum 2

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T ist 15 und schlägt die Fensterscheibe eines Polizeigebäudes ein, als er sich zum ersten Mal außerhalb seines Elternhauses bewegt. Bisher wurde er zu Hause unterrichtet und hat von seinen Eltern immer erzählt bekommen, dass kein Schutz für Gegenstände der Polizei bestehe. T hatte bisher keinen Anlass das zu hinterfragen. Er geht davon aus, dass kein solches Verbot besteht.

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Einordnung des Falls

Vermeidbarkeit Verbotsirrtum 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hatte die Einsicht, Unrecht zu begehen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Unrechtseinsicht ist die Erkenntnis der Rechtswidrigkeit der Tat. Mithin das Einsehen, dass die Tat vom Gesetz verboten wird. T denkt vorliegend, dass seine Handlung nicht verboten sei. Er erkennt daher nicht, dass er eine (qualifizierte) Sachbeschädigung begeht. Vorliegend ist auch problematisch, dass T eventuell keine Einsicht in den Aufbau des Rechtsstaats an sich hat. Dann könnte er schon nicht bewerten, was ein gesetzliches Verbot sei und ob ein solches vorliege.
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2. Hätte T den Verbotsirrtum nach § 17 StGB vermeiden können?

Nein, das trifft nicht zu!

Nach § 17 S. 1 StGB handelt der Täter nur ohne Schuld, wenn er den Irrtum nicht vermeiden konnte. Nach allgemeiner Ansicht ist dabei auf die individuellen Fähigkeiten des konkreten Täters abzustellen; der Wortlaut spricht von einem vermeiden "können". Es ist zu prüfen, ob der bei Anspannung seines Gewissens zur Einsicht des Unrechts hätte kommen können. T ist noch nicht erwachsen und hat bisher nur Kontakt mit seinen Eltern gehabt, sodass sich seine persönliche Entwicklung sowie seine Werte noch mehr an der Erziehung seiner Eltern ausrichtet als bei einem Kind, das zur Schule geht und dort mit Dritten in Berührung kommt. Daher hätte T auch bei der Anstrengung seines Gewissens nicht erkennen können, dass seine Tat gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, da aus seiner Sicht keine Erkenntnisquelle dafür vorliegt. Auch hier ist die Bewertung schwierig. Es ist eher eine psychologische und auch philosophische Frage, ob ein Mensch ein moralisches Gefühl außerhalb seiner Erziehung und Erfahrungen entwickeln kann.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DIAA

Diaa

29.7.2023, 17:13:58

Wie hätte er diesen Irrtum vermeiden können?

DI

Dini2010

2.8.2023, 19:38:17

Einfach mal hinterfragen und sich selbst schlau machen. Neben der gehörigen gewissensanspannung zählt ja auch das einholen von (rechts-)Rat zu den Faktoren, die zur vermeidbarkeit führen können

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

31.10.2024, 12:08:49

Hallo @[Diaa](211889), in unserer Aufgabe hätte er das natürlich gerade nicht, das ist ja auch unser Ergebnis. Abstrakt und losgelöst davon lässt sich die Frage der Vermeidbarkeit des Irrtums kaum beantworten. Dem Täter hätte sein Tatverhalten eben Anlass geben müssen, über ein mögliches Verbot dieses Verhaltens nachzudenken oder sich dazu zu erkundigen (MüKoStGB/Kulhanek, 5. Aufl 2024, § 17 Rn 42). Wann das der Fall und was dazu genau erforderlich ist, ist letztlich natürlich eine Einzelfallfrage anhand bestimmter Parameter, etwa eigener intellektueller Fähigkeiten, einem objektivierbaren Anlass zur Überprüfung etc. Die Bewertung kann durchaus schwierig sein, weshalb die Kommentierungen dazu auch recht umfassend sein können(s zB MüKoStGB/Kulhanek, 5. Aufl 2024, § 17 Rn 42-83). Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team


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