Schuld: Vermeidbarkeit Verbotsirrtum – Unrechtseinsicht
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Winzerin T überzuckert ihren Wein nach § 3 Abs. 1 WeinG 1930 aF in nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 WeinG 1930 aF strafbarer Weise. Sie plant nach der Überzuckerung wieder den ursprünglichen Zuckergehalt herzustellen, indem sie anderen Wein beimischt. Dies ändert die Strafbarkeit nicht, T nimmt aber an, ihr Verhalten sei nicht strafbar.
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Einordnung des Falls
Schuld: Vermeidbarkeit Verbotsirrtum – Unrechtseinsicht
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hatte die Einsicht, Unrecht zu begehen.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ts Strafbarkeit entfällt, wenn der Verbotsirrtum unvermeidbar war (§ 17 S. 1 StGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Diaa
29.7.2023, 17:21:29
Ich verstehe gerade nicht, wieso es ihr unvermeidbar war trotz ihrer Erkenntnis von Unrecht bzw. von der vorhandenen Strafbarkeit?
Lukas_Mengestu
31.7.2023, 17:37:31
Hallo Diaa, da T davon ausging, dass es nicht mehr strafbar ist, wenn der Zuckergehalt nachträglich gesenkt wird, fehlt es hier im Fall am Unrechtsbewusstsein, sodass für die Frage der Schuld die Vermeidbarkeit des Irrtums ausschlaggebend ist. Im Originalsachverhalt war die Frage des Unrechtsbewusstseins noch offen und vom Tatgericht aufzuklären. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Diaa
29.7.2023, 17:22:06
Und btw man kann das Urteil nicht abrufen, weil es nicht verlinkt ist.
Lukas_Mengestu
31.7.2023, 17:38:20
Hallo Diaa, leider fehlt es bei diesem Urteil an einer frei zugänglichen Fundstelle, weshalb wir hier keinen Link bereitstellen können. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
objektivezurechnung
25.9.2023, 11:35:51
Wieso ist es „interessant“ oder bemerkenswert, dass hier auf einen sorgfältigen Weinbauer und nicht ausschließlich auf T abgestellt wird? Nach der Definition „Ein Irrtum ist vermeidbar, wenn der Täter Rechtsrat hätte einholen können oder wenn er bei sorgfältiger Anspannung des Gewissens unter Berücksichtigung des Verkehrskreises, aus dem er entstammt, hätte erkennen können, dass er unrecht handelt“ wird doch auch auf den Verkehrskreis abgestellt…
Leo Lee
1.10.2023, 13:59:12
Hallo objektivezurechnung, nach der allgemeinen Ansicht heute ist ein Irrtum dann vermeidbar, wenn wenn dem Täter sein Vorhaben unter Berücksichtigung seiner Fähigkeiten und Kenntnisse hätte Anlass geben müssen, über dessen mögliche Rechtswidrigkeit nachzudenken oder sich in zumutbarer Weise zu erkundigen, und er auf diesem Weg zur Unrechtseinsicht gekommen wäre. Mithin wird bei der Vermeidbarkeit auf der Schuldebene – weil dies eben so individuell ist und nicht leicht verallgemeinert warden kann – nach wie vor auf die INDIVIDUELLE Fähigkeit abgestellt. Nach deiner Definition wird in der Tat auch auf den Verkehrskreis abgestellt, jedoch folgen wir hier der allgemeinen (eigentlich kaum bestrittenen Ansicht). Hierzu kann ich die Lektüre von Fischer StGB 69. Auflage, § 17 Rn. 7 ff. sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
objektivezurechnung
1.10.2023, 17:06:18
Danke :)
Leo Lee
1.10.2023, 21:10:51
Sehr gerne! :)