Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Schuld

Schuld: Vermeidbarkeit Verbotsirrtum – Menschenwürdeverstoß

Schuld: Vermeidbarkeit Verbotsirrtum – Menschenwürdeverstoß

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T war 1942 Polizeipräsident und hatte Personen jüdischen Glaubens festgehalten, um diese später zu "übergeben". Es liegt dabei eine Freiheitsberaubung vor, die jedoch nach damaliger Rechtslage gerechtfertigt war. Der Rechtfertigungsgrund wird von den deutschen Gerichten wegen Willkür und dem Widerspruch zur Menschenwürde nicht angewandt.

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Einordnung des Falls

Schuld: Vermeidbarkeit Verbotsirrtum – Menschenwürdeverstoß

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hatte die Einsicht, Unrecht zu begehen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Unrechtseinsicht ist die Erkenntnis der Rechtswidrigkeit der Tat, mithin das Einsehen, dass die Tat vom Gesetz verboten wird. Nach der Feststellung des Gerichts ist T von der Wirksamkeit des Rechtfertigungsgrundes ausgegangen, sodass er einem Rechtsirrtum unterlag. In dem Originalfall hat das Tatgericht dahingehend keine ausreichenden Feststellungen ermöglicht.
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2. Hätte T den Verbotsirrtum nach § 17 StGB vermeiden können?

Ja, in der Tat!

Nach § 17 S. 1 StGB handelt der Täter nur ohne Schuld, wenn er den Irrtum nicht vermeiden konnte. Nach allgemeiner Ansicht ist dabei auf die individuellen Fähigkeiten des konkreten Täters abzustellen; der Wortlaut spricht von einem vermeiden "können". Der BGH hat die Frage offen gelassen, aber klar gestellt, dass es darauf ankommt, ob der Täter die Unwirksamkeit des Gesetzes nach seiner Persönlichkeit hätte erkennen können. Er geht zudem davon aus, dass die Vermeidbarkeit umso näher liegt, je offensichtlicher der Menschenwürdeverstoß ist, wobei vorher ausführlich die Offensichtlichkeit begründet wird. Demnach hätte T nach der Rechtsprechung wahrscheinlich das Unrecht einsehen können. Von einer individuellen Bewertung ausgehend, wäre es zumindest auch vertretbar, dass von der Menschenwürde nicht ausgegangen werden kann, da diese damals erkennbar kaum im Bewusstsein vorhanden war. Die Menschenwürde hat einen individuellen Anknüpfungspunkt, wobei damals die "Volksgemeinschaft" als vorrangig vor dem Individuum erachtet wurde; von dieser Vorstellung ging womöglich auch T aus.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SN

Sniter

24.1.2023, 15:25:39

Der Verbotsirrtum vom T ist hier vermeidbar, richtig?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

25.1.2023, 13:20:59

Hallo Sniter, genauso ist es :) Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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