Strafrecht

BT 5: Verkehrsdelikte

Gefährdung des Straßenverkehrs, § 315c StGB

§ 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB: Fahruntüchtigkeit bei Pedelecs

§ 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB: Fahruntüchtigkeit bei Pedelecs

16. April 2025

4 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Nach einer Party fährt die trinkfeste T zielsicher mit ihrem Pedelec (Pedal Electric Cycle) nach Hause, obwohl sie eine BAK von 1,1‰ aufweist. Da ihr Reifen platzt, stürzt sie gegen einen geparkten Pkw.

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Einordnung des Falls

§ 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB: Fahruntüchtigkeit bei Pedelecs

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem T mit ihrem Pedelec nach Hause fuhr, hat sie ein „Fahrzeug im Straßenverkehr geführt“ (§ 315c Abs. 1 Nr. 1 StGB).

Genau, so ist das!

Fahrzeuge sind nicht nur Kfz (§ 1 Abs. 2 StVG), sondern Fortbewegungsmittel jeglicher Art, die zur Beförderung von Personen oder Sachen bestimmt sind und am Straßenverkehr teilnehmen. Ein Pedelec ist ein Fahrrad mit elektrischer Tretunterstützung, wobei der Motor bei maximal 25 km/h abschaltet. Aufgrund der „führenden“ Muskelkraft werden Pedelecs nicht den Kfz, sondern den Fahrrädern zugeordnet (vgl. § 1 Abs. 3 StVG). Da aber auch Fahrräder erfasst sind, ist das Pedelec der T dennoch ein Fahrzeug. T hat ihr Pedelec unter Beherrschung der dafür erforderlichen technischen Funktionen bewegt, mithin ein Fahrzeug geführt. Schließlich geschah dies im öffentlichen Verkehrsraum und damit im Straßenverkehr.
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2. T hat ihr Pedelec trotz sog. „absoluter Fahruntüchtigkeit“ im Verkehr geführt (§ 315c Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Die Fahruntüchtigkeit nach § 315c Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB muss auf Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln beruhen. Nach Alkoholkonsum besteht zwar für Kraftfahrer eine unwiderlegliche Vermutung für die Fahruntüchtigkeit, wenn die BAK im Tatzeitraum einen Wert von 1,1‰ erreicht hat (sog. absolute Fahruntüchtigkeit). Für Fahrradfahrer liegt der maßgebliche Grenzwert jedoch nach h.M. bei 1,6‰. Da T zur Tatzeit eine BAK von 1,1‰ aufwies und Pedelecs den Fahrrädern zuzuordnen sind, hat sie den maßgeblichen Schwellenwert für die absolute Fahruntüchtigkeit nicht erreicht.

3. T hat ihr Fahrrad trotz sog. „relativer Fahruntüchtigkeit“ im Verkehr geführt (§ 315c Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB).

Nein!

Eine sog. relative Fahruntüchtigkeit liegt vor, wenn der Täter mindestens eine BAK von 0,3‰ aufweist und weitere Umstände vorliegen, die den Schluss rechtfertigen, dass der Täter alkoholbedingt nicht mehr in der Lage ist, sein Fahrzeug sicher zu führen (sog. Ausfallerscheinungen). Je näher der Promillewert an den Grenzwert für absolute Fahruntüchtigkeit heranreicht, desto geringere Anforderungen sind an die übrigen Ausfallerscheinungen zu stellen. Die BAK lag zwar deutlich oberhalb des Mindestwertes von 0,3‰. Der trinkfesten T unterliefen aber keine alkoholbedingten Fahrfehler. Insbesondere beruhte der Unfall nicht auf der Rauschmittelwirkung.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ri

ri

17.8.2021, 18:06:22

Was ist die BAK der relativen Fahruntauglichkeit für Kraftfahrer?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

24.11.2021, 11:07:03

Hallo ri, auch bei Kraftfahrern liegt die Grenze zur relativen Fahruntauglichkeit bei 0,3 Promille. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

MR

Mr_Tin

21.2.2025, 08:37:15

"T hat ihr Fahrrad trotz sog. „relativer Fahruntüchtigkeit“ im Verkehr geführt (§ 315c Abs. 1 Nr.1a StGB). Die BAK lag zwar oberhalb des Mindestwertes von 0,3‰. Der trinkfesten T unterliefen aber keine alkoholbedingten Fahrfehler. Insbesondere beruhte der Unfall nicht auf der Rauschmittelwirkung." Die Frage wird mit "Nein" beantwortet. Dabei ist T doch sehr wohl relativ fahrentüchtig UND ist mit dem Fahrrad gefahren (= hat es also geführt). Sie hat nur aufgrund dessen keinen Unfall gebaut. Die Antwort auf diese Frage müsste also "Ja" sein und man könnte noch eine Frage dahinterstellen, ob der Straftatbestand jetzt erfüllt ist. Wie es aktuell gelöst ist, ist die Antwort meiner Meinung nach nicht korrekt.

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

26.2.2025, 16:52:43

Hallo @[Mr_Tin](252550), nach stRspr des BGH liegt

relative Fahruntüchtigkeit

(genauer: Fahrunsicherheit) vor, wenn "die Gesamtleistungsfähigkeit des

Fahrzeugführer

s infolge geistiger und/oder körperlicher Mängel soweit herabgesetzt ist, dass er nicht mehr fähig ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Strecke, auch bei Eintritt schwieriger Verkehrslagen, sicher zu steuern." (BGH NZV 2008, 528, 528) Der Zustand und Begriff der relativen Fahruntüchtigkeit setzt dabei nicht nur das Überschreiten der 0,3er-Grenze (bis max knapp unter 1,1) voraus, sondern zusätzlich und zwingend (!) alkoholbedingte Ausfallerscheinungen. So steht es auch in unserer Erläuterung. Haben wir keine Ausfallerscheinungen, haben wir also auch keine

relative Fahruntüchtigkeit

. So findet man es nicht nur in der Rspr, sondern auch in den einschlägigen Kommentierungen (zB MüKo-StGB/Pegel, 4. Aufl 2022, § 316 Rn 53; BeckOK-StGB/Kudlich, 64. Ed, Stand 1.2.2025, § 315c Rn 23; Fischer, StGB, 70. Aufl 2023, § 316 Rn 14). In unserem Fall ist T also nicht relativ fahruntüchtig. Sie überschreitet zwar die dafür nötige Promillegrenze, wir haben aber eben keinerlei Ausfallerscheinungen. Ich halte die Aufgabe dementsprechend insoweit für richtig gelöst. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team


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