Strafrecht

BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.

Diebstahl (§ 242 StGB)

Dereliktion | Vernichtungsabsicht (Abwandlung)

Dereliktion | Vernichtungsabsicht (Abwandlung)

3. Juli 2025

15 Kommentare

4,7(26.168 mal geöffnet in Jurafuchs)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

O stiehlt das Portemonnaie der Z. Nachdem O einen 50€-Schein entnimmt, hat er kein Interesse mehr an dem Portemonnaie und wirft es in einen Mülleimer im Park. T nimmt es kurz darauf an sich.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Dereliktion | Vernichtungsabsicht (Abwandlung)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Im Verhalten des T könnte nur dann ein Diebstahl (§ 242 Abs. 1 StGB) liegen, wenn das Portemonnaie für T fremd war.

Genau, so ist das!

Eine Sache ist für den Täter fremd, wenn sie weder in dessen Alleineigentum steht, noch herrenlos ist.
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2. Indem O das Portemonnaie in den Mülleimer geworfen hat, hat er sein Eigentum daran aufgegeben (§ 959 BGB). Dadurch wurde das Portemonnaie herrenlos.

Nein, das trifft nicht zu!

Unter Dereliktion versteht man die Besitzaufgabe durch den Eigentümer mit der Absicht, auf das Eigentum zu verzichten (§ 959 BGB). Dazu müsste O aber Eigentümer gewesen sein. Indem O dem Z das Portemonnaie gestohlen hat, hat O kein Eigentum erworben (§ 935 Abs. 1 BGB). Z war nach wie vor Eigentümer. Z hatte nicht die Absicht, auf ihr Eigentum zu verzichten. Das Portemonnaie war nicht herrenlos. Es war für T eine fremde Sache (§ 242 Abs. 1 StGB).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

UNBE

UnbekannterNutzer

25.9.2019, 08:04:33

Erste Frage falsch

AN

Anonym

27.9.2019, 21:29:54

Personenbezeichnung scheint vertauscht zu sein

Christian Leupold-Wendling

Christian Leupold-Wendling

17.11.2019, 13:19:03

Die Personenbezeichnung ist korrekt. Sie ist hier ein wenig überraschend, weil es zwei Taten gibt: Erst stiehlt O das Portemonnaie. In diesem Handlungsstrang ist er Täter. Dann nimmt T das weggeworfene Portemonnaie an sich. Hier ist T Täter und O das Opfer. Nur der zweite Handlungsstrang ist für die Fragen hier relevant. Die Strafbarkeit des O wird nicht thematisiert.

Vulpes

Vulpes

28.12.2020, 17:38:41

Die erste Frage legt für mich aber Nahe, dass der Ersteller darauf hinaus will, dass es einen Unterschied zwischen dem

Geld

beutel und dem darin befindlichen

Geld

gibt. Es ist nicht sehr lebensnah, aber dennoch.

Vulpes

Vulpes

28.12.2020, 17:44:23

Sorry, ich nehm alles zurück. Ich hab die Frage auch falsch gelesen.

ALE

Alex1892

4.3.2020, 08:33:31

Unterliegt der T dann hier einem

Tatumstandsirrtum

im Bezug auf die Fremdheit der Sache?

VO

Vollblutjurist

11.4.2020, 18:50:21

Ich würde sagen ja, er besitzt keinen Vorsatz bezüglich der Wegnahme einer fremden Sache.

TJU

Tr(u)mpeltier junior

4.12.2020, 17:51:39

Kann man wohl im subjektiven Tatbestand durchaus vertreten. Darüber hinaus dürfte es hinsichtlich des Diebstahls aber bereits an der Wegnahmehandlung fehlen, da O keinen Gewahrsam mehr haben dürfte.

BL

Blotgrim

28.10.2022, 09:29:50

Muss das Portemonnaie wirklich fremd sein oder würde es schon reichen, wenn nur der

Geld

schein fremd ist. Ist zwar ne sehr theoretische Überlegung würde mich aber interessieren

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

28.10.2022, 10:13:21

Hallo Blotgrim, ist lediglich der

Geld

schein fremd, dann beschränkt sich der Diebstahl in der Tat auf den

Geld

schein. Aus der Zeichnung geht aber unserer Auffassung nach hinreichend hervor, dass der

Geld

beutel + Inhalt hier einheitlich Z gehörten ;-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

BL

Blotgrim

28.10.2022, 10:18:16

Ist mir im Nachhinein auch klar geworden, deswegen meinte ich ja dass es eine sehr theoretische Überlegung ist und rein aus Interesse Lg

Major Tom(as)

Major Tom(as)

14.11.2024, 09:27:57

Liebes Jurafuchs-Team, Auch, wenn O Eigentümer gewesen wäre: Wird es nicht so vertreten, dass Eigentümer von Abfall grds. immer der Eigentümer des Abfalleimers ist? (hier also die Stadtwerke o.ä.) Ihr differenziert bei euren Fällen zum "Containern", in denen grds. eine

Dereliktion

ausgeschlossen ist, zwischen Verbrauchern und Unternehmern. Ich habe es aber im Rep so gelernt, dass auch bei einem Verbraucher, der eine Sache in einen öffentlichen Abfalleimer wirft, das Abfallunternehmen dadurch Eigentum erlangt. (Es hat ja gerade ein Interesse an der Verwertung jeglicher

geld

werten Abfälle und möchte diese umfassend erlangen). Habt ihr dazu eine Gegenbegründung/Meinung? Danke euch.

JUDI

judith

27.5.2025, 16:47:40

Voraussetzungen für eine

Dereliktion

sind - tatsächliche Aufgabe des Besitzes - Eigentumsaufgabewillen Beim Wegewerfen von Gegenständen gibt der Eigentümer regelmäßig den Besitz an der Sache auf. Problematisch ist regelmäßig, ob der Eigentümer das Eigentum an dem Gegenstand auch tatsächlich aufgeben wollte. Beim "Containern" kommt es auf den Einzelfall und den tatsächlichen Willen des Supermarktinhabers an. Werden Lebensmittel in einem verschlossenen Müll Container aufbewahrt, ist es dem Berechtigten gerade nicht gleich, wer darauf zugreift. Die

Übereignung

soll ausschließlich an ein Müll/Entsorgungsunternehmen stattfinden, sodass hier eben keine

Dereliktion

vorliegt. Meiner Meinung nach gelten diese Maßstäbe für Verbraucher ebenso. Wirft ein Verbraucher seinen privaten Müll in eine Mülltonne, so erwartet er (nach normativer Auslegung) eine fachgerechte Entsorgung von einem dafür zuständigen Entsorgungsunternehmen. Wirft man seinen Müll dagegen einfach in einen Busch oder an den Straßenrand, hat man damit eindeutig seinen Eigentumsaufgabewillen kundgetan->

Dereliktion

(+) -> die Sache ist

herrenlos

(+). So argumentiert jedenfalls st.Rspr. und auch die h.L. Gegenmeinungen dazu sind wirklich die Minderheit und argumentieren hauptsächlich aus sozialpolitischer Sicht, dass die Mitnahme von verderblichen oder abgelaufenen Lebensmittel, die sowieso nicht mehr zum Verkauf stehen und anderen Falls vernichtet werden, kein strafwürdiges Unrecht darstellen sollte. Im Hinblick auf die stetig steigenden Lebensmittelpreise fordern einige Stimmen in der Literatur eine Straffreistellung des „Containerns”. Grds sind sich jedoch auch die Kritiker einig, dass das Containern den Tatbestand

§ 242 StGB

erfüllt, fordern jedoch nur eine Reform.

Major Tom(as)

Major Tom(as)

27.5.2025, 17:54:46

Hey, danke dir für die Antwort! Also stimmst du im Endeffekt mit mir überein? Ebenso wie ich lehnst du die

Dereliktion

ab und schreibst ja auch das, was ich meinte: Dass beim Einwurf in den Mülleimer das Entsorgungsunternehmen Eigentum erlangt und mithin nicht zu differenzieren wäre. @[judith ](160833) (Der ganze Containern-Streit hat ja mit dem expliziten Fall hier nichts zu tun, hatte das nur als Kontext anbringen wollen, da Jurafuchs dort mit anderen Maßstäben argumentiert und eben eine Differenzierung zwischen Verbrauchern/ Unternehmern, die sich mir (und, wenn ich deinen Kommentar richtig lese auch dir) nicht erschließt - danke trotzdem für die langen Ausführungen :)) Wenn es aber jetzt schon zwei Leute so sehen (und angesichts der Likes vielleicht noch ein paar mehr) - finde ich es umso spannender, was @Jurafuchs dazu zu sagen hat

Tim Gottschalk

Tim Gottschalk

28.6.2025, 09:33:29

Hallo @[Major Tom(as)](258980) und @[judith ](160833), hier muss man auf zwei Ebenen unterscheiden. Zunächst muss unterschieden werden zwischen einem öffentlichen Mülleimer und einem privaten Mülleimer. Bei öffentlichen Mülleimern liegt stets eine

Dereliktion

vor. Hier ist es dem Wegwerfenden stets egal, was danach mit der Sache passiert. Ihn treffen keinerlei Pflichten hinsichtlich des Abfalls und dieser kann auch nicht auf ihn zurückgeführt werden. Eine

Übereignung

an den Inhaber des Mülleimers scheitert an einem entsprechenden Willen des Wegwerfenden, dieser will kein Eigentum übertragen, sondern nimmt nur einen reinen Realakt vor, der keine rechtliche Verbindlichkeit hat. Bei privaten Mülleimern muss dagegen weiter differenziert werden. Wenn derjenige, der den Müll in den Mülleimer wirft, ein Interesse daran hat, dass der Müll ordnungsgemäß vom Entsorger abgeholt wird, liegt keine

Dereliktion

vor. Das wird aber im Regelfall nur bei Unternehmern angenommen, da diese besonderen öffentlich-rechtlichen Pflichten hinsichtlich der Entsorgung unterliegen und Haftungs- sowie Rufschädigungsproblematiken auftreten könnten, wenn der Müll für jedermann frei zur Verfügung stünde. Anders liegt es bei Privaten. Denen ist auch bei ihrer Hausmülltonne im Regelfall egal, was mit dem Müll passiert. Daher liegt eine

Dereliktion

vor. Etwas anderes gilt nur, wenn im Einzelfall ein Interesse an der Abholung durch eine konkrete Person besteht, etwa bei Sperrmüll, der zur Abholung durch den Entsorger bereitgestellt wird. Eine ständige Rechtsprechung und h.L., die das anders sehen würde, wäre mir auch nicht bekannt und ergibt sich auch nicht aus den einschlägigen Kommentaren. Diese stellen es so dar wie wir hier, siehe MüKoStGB/Schmitz, 4. A. 2021, StGB § 242 Rn. 35, BeckOK StGB/Wittig, 65. Ed. 1.5.2025, StGB § 242 Rn. 9-9.3, Fischer, 72. A. 2025, StGB § 242 Rn. 7. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team


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