Beihilfe zu § 156 StGB

16. April 2025

6 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Doktorandin T fällt das Schreiben ihrer Dissertation schwer. Sie fragt daher Repetitorin B, ob sie ihr helfen könnte. B schreibt daraufhin lange Passagen in Ts Dissertation und gibt ihr konstant Hinweise. T versichert dennoch eidesstattlich, sie habe die Arbeit allein verfasst.

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Einordnung des Falls

Beihilfe zu § 156 StGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Eine mittelbare Täterschaft ist im Rahmen der §§ 153ff. StGB ausgeschlossen.

Ja, in der Tat!

Die Tatbestände der §§ 153ff. StGB sind eigenhändige Delikte, die nur der persönlich Aussagende täterschaftlich verwirklichen kann. Außenstehende können also weder Mittäter noch mittelbare Täter, sondern nur Anstifter oder Gehilfen sein. In die Lücke, die dadurch namentlich im Bereich der mittelbaren Täterschaft entsteht, stößt die Verleitung zur Falschaussage (§ 160 Abs. 1 StGB).
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2. In Betracht kommt eine Beihilfe zur falschen eidesstattlichen Versicherung durch B (§§ 156, 27 StGB).

Ja!

Der objektive Tatbestand der Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB) setzt voraus (1) eine vorsätzliche rechtswidrige Haupttat und (2) ein Hilfeleisten. Hilfeleisten meint jeden Tatbeitrag, der die Haupttat ermöglicht, erleichtert oder verstärkt. RG: Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB) solle etwa in der Form möglich sein, dass man einem Doktoranden bei der Erstellung einer Dissertation in einer Weise hilft, die die spätere eidesstattliche Versicherung bei der Einreichung einer Doktorarbeit zur falschen macht. B schreibt lange Passagen in Ts Dissertation, sodass T die Arbeit nicht allein verfasst hat.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Dogu

Dogu

25.2.2024, 20:01:28

Ich kann diese Argumentation des RG absolut nicht nachvollziehen. Es ist doch in keiner Weise für die Äußerung einer falschen Versicherung an sich förderlich, wenn ich nur den Gegenstand, über den die Falschaussage getroffen werden soll, verfasse. Das ist doch nicht mal ein psychisches Bestärken im

Tatentschluss

bezüglich der eigentlichen Tat und damit eine übermäßige Ausweitung der Hilfeleistung i.S.d. § 27 I StGB. Es liegt doch auch keine

Beihilfe zum Diebstahl

vor, wenn ich der Hersteller der später gestohlene Sache bin. Das wäre doch absurd.

in persona

in persona

27.8.2024, 18:00:35

sehe ich auch so -fände es schön,wenn das nochmal kurz erklärt werden könnte :)

JUDI

judith

19.12.2024, 20:19:07

*push*

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

4.1.2025, 13:05:32

Hallo @[Dogu](137074), danke Dir für den Hinweis und @[in persona](249316) und @[judith ](160833) für die Erinnerung. Als Diskussionsgrundlage hier vorab die relevanten Passagen aus dem Urteil des RG (sorry für eventuelle Tippfehler, ist eine manuelle Übersetzung aus der altdeutschen Fassung): "Die Beihilfe i. S. des § 49 StGB braucht nicht durch unmittelbare Hilfe bei der Verwirklichung der gesetzlichen

Tatbestandsmerkmale

geleistet zu werden. Es reicht aus, daß der Gehilfe die den Verbrechens- oder Vergehenstatbestand verwirklichende Handlung, bevor sie zum Abschlusse gekommen ist, zu irgendeinem Zeitpunkte mit dem Willen, die Haupttat zu fördern oder zu erleichtern, durch irgendwelche Einwirkung äußerer oder innerer Art fördert oder erleichtert [...]. Das kann hiernach auch schon vor dem Beginne der tatbestandsmäßigen Ausführungshandlungen geschehen, wenn die Hauptat erst vorbereitet wird. Nach der Annahme der Strafkammer waren sich sowohl der Angeklagte als auch die Bewerber von vornherein darüber klar, daß diese beim Vorlegen der Arbeiten eidesstattlich versichern müßten, die Arbeiten selbständig angefertigt zu haben. [...] Wenn der Angeklagte trotzdem - wie das LG annimmt - in dem Bewußtsein und mit dem Willen, die Prüflinge würden die Selbständigkeit der Arbeiten in dem dargelegten Sinn eidesstattlich versichern, in der festgestellten Weise für die Bewerber tätig geworden ist und sie in ihrem darauf gerichteten Entschlusse bestärkt hat, so bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen die Annahme, der Angeklagte habe in den vier in Betracht kommenden Fällen den Bewerbern zu der Abgabe ihrer später wirklich abgegebenen eidesstattlichen Versicherungen Behilfe geleistet." (RGSt 75, 112, 113 f) Ich kann Dogus Einwand im Grundsatz gut nachvollziehen. Man muss die Entscheidung des RG nicht für überzeugend halten und kann viel darüber diskutieren, ob sie "richtig" ist. ME hat gerade das Argument mit dem "Bewusstsein und Willen" aber durchaus etwas für sich. Hartmann, ZStW 2004, 585, 604 formuliert es so: "Da der gelieferte Text für den Kandidaten nur von Wert ist, wenn dieser ihn als eigene Leistung ausgibt, erhöht das Verfassen des Textes die Gefahr der Verwertung durch eine Straftat [...]." Die Rspr ist hier historisch (wie man auch an diesem Beispiel sieht) ohnehin eher täterunfreundlich und lässt potenziell vergleichsweise viele Handlungen als Beihilfe ausreichen. Dein "Diebstahls-"Vergleich, Dogu, trifft es mE nicht ganz. Eher müsste man es damit vergleichen, dass zB der Fahrgast dem Taxifahrer erzählt, dass er sich jetzt auf den Weg macht, um einen Mord auszuführen - und der Taxifahrer den Täter daraufhin zum Zielort fährt. Das führt uns zur Diskussion, ob "neutrale" gewerbliche oder freiberufliche Dienstleistungen für den Täter strafbare Beihilfehandlungen sein können. Das ist (wie so vieles) str, die dortigen Argumente wird man aber jedenfalls im Grundsatz gut auf den Fall des RG übertragen können (in diese Richtung wohl auch Hartmann, ZStW 2004, 585, 604). Ob diese Entscheidung heute so nochmal ergehen würde, ist schwer zu sagen. Für ausgeschlossen halte ich das aber aus den genannten Gründen nicht. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team


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