+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T ist angeklagt. Er wendet sich an seinen Freund F und "ruft diesem in Erinnerung", dass die beiden zur Tatzeit zusammen gewesen wären. Der gutgläubige F wird daraufhin als Zeuge vor Gericht geladen und sagt zugunsten des T falsch aus.
Einordnung des Falls
Einführungsfall: § 160 StGB
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Sinn und Zweck der Verleitung zur Falschaussage (§ 160 Abs. 1 StGB) ist es, die Strafbarkeitslücken zu schließen, die sich durch die Eigenhändigkeit der Aussagedelikte ergeben.
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Ja!
Die Tatbestände der §§ 153ff. StGB sind eigenhändige Delikte, die nur der persönlich Aussagende täterschaftlich verwirklichen kann. Außenstehende können also weder Mittäter noch mittelbare Täter, sondern nur Anstifter oder Gehilfen sein. In die Lücke, die dadurch namentlich im Bereich der mittelbaren Täterschaft entsteht, stößt die Verleitung zur Falschaussage (§ 160 Abs. 1 StGB). Dabei geht es in erster Linie um die Aussageperson als gutgläubig (vorsatzlos) handelndes Werkzeug. Die Bestimmung enthält insofern eine Ergänzung des § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB. Ob noch weitere Fälle erfasst sind, ist umstritten.
2. T hat F zu einer falschen uneidlichen Aussage (§ 153 StGB) "verleitet".
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Genau, so ist das!
Verleiten ist jede Einwirkung auf den Willen der Beweisperson, die diese dazu bestimmt, die von dem Täter gewollte Tat zu verwirklichen. Mögliche Haupttaten sind die in § 160 Abs. 1 StGB genannten §§ 153, 154 und 156 StGB. Die Beweisperson muss diese objektiv (vorsatzlos) verwirklichen. Denkbar ist auch die Figur des nach § 34 StGB gerechtfertigt handelnden Werkzeugs.
Als Gutgläubiger hat F objektiv eine falsche uneidliche Aussage (§ 153 StGB) verwirklicht. Dies wurde wiederum durch T verursacht.
3. T handelte auch vorsätzlich bezüglich des Verleitens. T wollte den Vorsatzlosen F zu einer falschen uneidlichen Aussage bringen.
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Ja, in der Tat!
Der subjektive Tatbestand erfordert Vorsatz bezüglich des objektiven Tatbestandes. Dabei genügt bedingter Vorsatz (dolus eventualis).
T wendet sich an F mit der Absicht, dass F nach dem Gespräch aussagt, sie seien beide zur Tatzeit zusammen gewesen.