§159 StGB: Anstiftung zum untauglichen Versuch

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A überredet seine Freundin T, ihm bei dessen Vernehmung vor der Rechtsreferendarin R, die beide für eine Richterin halten, ein falsches Alibi zu geben.

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Einordnung des Falls

§159 StGB: Anstiftung zum untauglichen Versuch

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T begeht einen untauglichen Versuch der falschen uneidlichen Aussage (§ 153 StGB).

Genau, so ist das!

Strafbar sind Falschaussagen nur vor einem (staatlichen, grundsätzlich inländischem) Gericht oder einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständigen Stelle. Rechtsreferendaren fehlt diese Zuständigkeit (§ 10 S. 2 GVG). Ts Aussage vor R führt daher nur zu einem straflosen Versuch.
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2. Obwohl T nur einen untauglichen Versuch begangen hat, hat sich A wegen Versuchs der Anstiftung zur Falschaussage (§ 159 StGB) strafbar gemacht.

Nein, das trifft nicht zu!

Der BGH differenziert nach der Tauglichkeit der Haupttat: Der Versuch der Anstiftung zur Falschaussage (§ 159 StGB) erfasse grundsätzlich die erfolgreiche Anstiftung zum Versuch der Haupttat. Jedoch sei ein Anstiftungsversuch zu einer Handlung, die von vornherein nicht zur Deliktsverwirklichung, sondern nur zu einem untauglichen Versuch hätte führen können, straflos. Dies gelte sowohl für die Fälle, in denen ein untauglicher Versuch nur in Betracht kommt, als auch in den Fällen, in denen es bereits zu einem solchen gekommen ist. T begeht einen untauglichen Versuch der falschen uneidlichen Aussage (§ 153 StGB). Damit macht sich A nicht wegen Versuchs der Anstiftung zur Falschaussage (§ 159 StGB) strafbar.

3. Nach der "Akzessorietätslösung" ist A wegen Versuchs der Anstiftung zur Falschaussage (§ 159 StGB) strafbar.

Nein!

Nach der sog. Akzessorietätslösung wird der Versuch der Anstiftung zur Falschaussage (§ 159 StGB) sehr eng ausgelegt. Die Strafbarkeit beziehe sich nur auf den erfolglosen Versuch der Anstiftung, nicht aber auf die "erfolgreiche" Anstiftung, die lediglich zum (tauglichen oder untauglichen) Versuch der falschen uneidlichen Aussage oder der falschen Versicherung an Eides Statt geführt hat. Die Strafbarkeit des A entfällt hier, da der Versuch der T straflos war.

4. Folgt man hingegen der "Versuchslösung", ist eine Strafbarkeit des A wegen Versuchs der Anstiftung zur Falschaussage (§ 159 StGB) zu bejahen.

Genau, so ist das!

Die Versuchslösung geht davon aus, dass die versuchte Anstiftung – unabhängig davon, woran die Vollendung der Haupttat gescheitert ist – strafbar ist: Wenn schon derjenige bestraft wird, dessen Beeinflussung vom Zeugen von vornherein zurückgewiesen wird, muss konsequenterweise auch der bestraft werden, dessen Beeinflussung sogar insoweit erfolgreich ist, als dass der Zeuge einen Versuch der Falschaussage unternommen hat.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

JO

jomolino

30.9.2021, 16:07:10

Ich weiß nicht ob ich vollkommen auf dem Schlauch stehe, aber hattet ihr nicht bei einer vorherigen Frage geantwortet dass es nach der Rechtsprechung bei einem (versuchten) eid gegenüber einer untauglichen Stelle, Z.B. dem Rechtsreferendar gerade ein untauglicher aber strafbarer Versuch vorliegt solange es noch kein Wahn Delikt ist. Hier geht ihr gar nicht drauf ein und nehmt das Gegenteil an?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

1.10.2021, 16:46:27

Hey nomamo, hervorragende Frage! Im Jungle der Aussagedelikte ist es manchmal wirklich nicht so leicht sich zurecht zu finden. Kann es sein, dass Du den Thread des folgenden Falles meinst: https://jurafuchs.app.link/6iEdMgac0jb? In diesem Fall ist der zentrale Unterschied zwischen den Fällen, dass die falsche uneindliche Aussage (§ 153 StGB) ein Vergehen darstellt (Mindeststrafe unter einem Jahr, § 12 Abs. 2 StGB), wohingegen der Meineid (§

154 StGB

) mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr belegt ist und damit ein Verbrechen darstellt (vgl. § 12 Abs. 1 StGB). Da der Versuch eines Vergehens aber nur strafbar ist, wenn es gesetzlich angeordnet ist (vgl. § 22 Abs. 1 StGB), kommt es mit Blick auf § 153 StGB nicht darauf an, ob wir einen tauglichen / untauglichen Versuch bzw. ein

Wahndelikt

haben. Mangels gesetztlicher Anordnung ist der Versuch des § 153 StGB nicht strafbar und die Täterin - hier die F - straffrei. Anders ist dies beim Meineid. Da es sich hierbei um ein Verbrechen handelt, ist der Versuch stets strafbar. Insofern wird hier die Abgrenzung relevant, ob der Eid gegenüber einer untauglichen Stelle ein strafloses

Wahndelikt

darstellt (Teile der Literatur) oder einen strafbaren, untauglichen Versuch (BGH). Beste Grüße Lukas - für das Jurafuchs-Team

JO

jomolino

1.10.2021, 17:11:13

Danke! Ja das klärt die Verwirrung :)

Sambajamba10

Sambajamba10

11.3.2024, 14:56:02

Wenn aber die falsche uneidliche Aussage (§ 153) nur ein Vergehen (§ 12 II) ist und die Anordnung der Versuchsstrafbarkeit fehlt, dann ist es meines Erachtens falsch, überhaupt von einem untauglichen Versuch für T zu sprechen. Der Begriff impliziert ja, dass der Versuch des § 153 strafbar ist, was er aber nicht ist.


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