Fehlschlag Unterlassen 7
18. April 2025
10 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

T sieht seinen Sohn S in der Ferne gerade ertrinken. Da ihm die Kindererziehung zu anstrengend geworden ist, belässt er es dabei. Kurz bevor S ertrinkt, erkennt T, dass es sich eigentlich um seine ältere Tochter A handelt, die nicht mehr in der Pubertät ist und die er daher rettet.
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Einordnung des Falls
Fehlschlag Unterlassen 7
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Versuch ist fehlgeschlagen.
Nein, das ist nicht der Fall!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Syd
9.2.2022, 23:08:02
Hallo, nochmal eine kurze Verständnisfrage, warum liegt hier ein unbeachtlicher
error in personavor im Fall zuvor aber nicht ? Im Voraus vielen Dank 😊

Lukas_Mengestu
10.2.2022, 18:12:17
Hallo Syd, in diesem Fall hat T sowohl gegenüber seinem Sohn als auch gegenüber seiner Tochter eine Garantenpflicht. Diese ist notwendig, um hier einen (versuchten) Totschlag durch Unterlassen zu prüfen. In diesem Fall ist der Irrtum über die Person des Opfers unbeachtlich, da dies die Garantenstellung nicht berührt. Im vorherigen Fall fehlt es dagegen an der Garantenstellung. In dem Moment, in dem T dies erkennt, ist der Versuch somit fehlgeschlagen. Denn eine
Vollendungdes Tatbestandes kommt ohne Garantenstellung nicht in Betracht. Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team
Robert
23.2.2025, 12:06:22
Warum hat der Vater noch eine Garantenstellung ggü. seiner Tochter, die wohl mindestens 18 Jahre alt ist („nicht mehr in der Pubertät“)? Wie lange haben Eltern eine Garantenstellung für ihre Kinder, und mit welchem Alter dreht sich das evtl. sogar um?
ninaor
26.11.2023, 18:18:22
Vielleicht stehe ich auf dem Schlauch, aber warum liegt hier kein Fehlschlag vor, weil die Tat für den Täter sinnlos geworden ist?
Primitiver Lurch
14.4.2024, 12:17:35
Das würde mich auch sehr interessieren.
Marvin
8.11.2024, 19:18:04
Wenn ich das richtig verstanden habe, dann liegt hier kein Fehlschlag vor, weil es sich lediglich um einen
error in personahandelt, der unbeachtlich ist. T kann den Erfolg theoretisch durch Unterlassen weiterhin verwirklichen. Allerdings frage ich mich, ob nicht der
error in personaentfällt, nachdem T der Irrtum auffällt. Eigentlich müsste in diesem Moment ja ein Fehlschlag vorliegen, weil es für dessen Bewertung auf die Sicht des Täters ankommt.
Rechtsanwalt B. Trüger
9.1.2025, 15:01:44
Weil es sich hier nur um einen unbeachtlichen
error in personahandelt. Auch, wenn T ursprünglich zwar denkt, dass S ertrinkt, spielt es keine Rolle, dass es sich tatsächlich um A handelt. Die Tat ist nicht fehlgeschlagen, weil die Tötung eines anderen Menschen noch möglich ist für T ohne eine neue Kausalkette in Gang zu setzen. Dabei hat T gegenüber beiden die Garantenstellung.

Sebastian Schmitt
16.1.2025, 09:47:28
Hallo @[ninaor](84682), hallo @[Primitiver Lurch](234376), eine berechtigte und in den Details gar nicht so leicht zu beantwortende Frage. Der Hinweis von @[Rechtsanwalt B. Trüger](208842) ist auf jeden Fall sehr gut vertretbar und tendenziell auf der Linie des BGH. Der hat sich kürzlich noch zum
error in persona beim versuchten Begehungsdelikt geäußert und klargestellt, dass es für den
Rücktrittdort nach § 24 I 1 StGB allein auf "die Tat" ankomme, also die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands. Außertatbestandliche Ziele und Aspekte, hier also die Tötung einer ganz bestimmten (!) Person, spielen dafür grds keine Rolle. Eine andere Frage ist natürlich, ob der
Rücktrittdann noch "freiwillig" ist (zum Ganzen BGH NStZ 2024, 611, 612). Mir ist allerdings bei der Durchsicht dieser und anderer Aufgaben zu
Rücktritt/Fehlschlag/(Unterlassen) aufgefallen, dass wir uns diesen Komplex nochmal näher anschauen sollten. Die Frage, wie man mit einem
error in persona beim Versuch(eines Begehungsdelikts) genau umgeht und ob/wie wir das auf Unterlassensdelikte übertragen können, ist letztlich ziemlich komplex und umstritten. Wir wollen das daher gerne etwas näher beleuchten, zumal Ihr uns in anderen Aufgaben explizit darum gebeten habt, und werden uns demnächst darum kümmern, hier noch etwas mehr in die Details zu gehen. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team