Erfolgsqualifizierter Versuch 5

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

A bedroht O mit einer Pistole, um seinen Geldbeutel zu bekommen. Dabei löst sich ungewollt ein Schuss und O verstirbt. A sucht dann nach Wertgegenständen, aber findet keine. Er geht daher nach Hause, ohne etwas wegzunehmen.

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Einordnung des Falls

Erfolgsqualifizierter Versuch 5

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Es liegt nach der Rechtsprechung ein erfolgsqualifizierter Versuch (§§ 249 Abs. 1, 251, 22, 23 Abs. 1 StGB) vor.

Ja, in der Tat!

Der Raub ist im Versuch „stecken“ geblieben, aber der Tod ist durch die Handlung eingetreten. Demnach liegt ein Raubversuch mit Todesfolge vor. Auch das Erfordernis der Leichtfertigkeit ist vorliegend erfüllt, da sich beim Bedrohen mit einer ungesicherten Waffe schnell ein Schuss lösen kann, gerade in stressigen Situationen.
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2. Hinsichtlich des versuchten Raubs (§§ 249 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB) liegt ein Fehlschlag vor.

Ja!

Ein Versuch gilt dann als fehlgeschlagen, wenn der Täter glaubt, dass er den Erfolg nicht mehr herbeiführen kann, ohne eine völlig neue Kausalkette in Gang zu setzen. Als Fehlschlag werden auch solche Fälle gesehen, in denen die Tatbestandsverwirklichung zwar möglich ist, aber für den Täter keinen Sinn mehr ergibt. T hat von der weiteren Tatausführung Abstand genommen (§ 24 Abs. 1 S. 1 Var. 1 StGB), was bei einem unbeendeten Versuch ausreichend ist. Der (untaugliche) Versuch ist jedoch bereits fehlgeschlagen, da T keine Wertgegenstände gefunden hat. Ein Rücktritt ist daher nicht mehr möglich.

3. T ist dennoch zumindest vom Raub mit Todesfolge (§ 251 StGB) zurückgetreten.

Nein, das ist nicht der Fall!

Hier scheitert ein gesonderter Rücktritt bereits an der Vollendung. Dadurch, dass weiterhin ein versuchter Raub (§§ 249 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB) vorliegt, ist zudem die Grundlage für eine Zurechnung nicht entfallen. T ist daher strafbar wegen Raubversuchs mit Todesfolge (§§ 249, 251, 22, 23 Abs. 1 StGB). Zunächst solltest Du die Zulässigkeit eines erfolgsqualifizierten Versuchs diskutieren, wie hier bereits an anderer Stelle geschehen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DAV

David.

3.10.2023, 21:15:59

Handelt es sich hierbei nicht um einen untauglichen Versuch, der dadurch fehlgeschlagen ist, als der Täter die Untauglichkeit erkannte?

LELEE

Leo Lee

8.10.2023, 10:50:58

Hallo David, in der Tat liegt hier ein Versuch in Gestalt des untauglichen Versuchs vor, da von vornherein niemals etwas weggenommen werden konnte. Wir haben den Text nun entsprechend ergänzt und danken dir für den Hinweis :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

TR

Trixii

21.5.2024, 11:03:25

Hallo zusammen, müsste die Normketten für einen erfolgsqualifizierten Versuch nicht eigentlich bspw. „§§ 249 I, 22, 23 I, 251“ lauten - schließlich ist der Erfolg ja eingetreten - und für einen

Versuch der Erfolgsqualifikation

dann „§§ 249 I, 251, 22, 23 I“? Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen. Danke, tschüss :)

Maximilian Puschmann

Maximilian Puschmann

23.5.2024, 12:19:34

Hallo Trixii,  da gibt es kein Richtig und kein Falsch. Die Rechtsprechung würde grundsätzlich BT-Normen an den Anfang in aufsteigender Reihenfolge (mit Ausnahme "Dickschiffe" nach vorn wie § 211) und im Anschluss AT-Normen in aufsteigender Reihenfolge.  Deine Normkette ist natürlich auch richtig und verdeutlicht Verständnis. Viele Grüße Max - für das Jurafuchs-Team

MEG

Megx

26.9.2024, 14:51:23

Wahrscheinlich habe ich das falsch verstanden, aber ich dachte das Erfordernis der Leichtfertigkeit ist gerade nicht erfüllt, wenn nur "normale" Fahrlässigkeit vorliegt. Wenn es beim Hantieren mit einer ungesicherten Waffe ja gerade nicht unüblich ist, dass sich schnell mal ein Schuss löst, warum liegt dann hier Leichtfertigkeit und nicht nur Fahrlässigkeit vor? Oder geht es darum, dass es leichtfertig ist überhaupt mit einer ungeladenen Waffe herumzufuchteln?

Gruttmann

Gruttmann

26.9.2024, 15:05:10

Die Leichtfertigkeit geht weiter als die Fahrlässigkeit. Wenn die Leichtfertigkeit bejaht werden kann, dann steckt da auch die normale Fahrlässigkeit mit drin. Anders herum ist das jedoch nicht, etwas kann fahrlässig sein, aber nicht leichtfertig. Hier nochmal die Definition: Leichtfertig handelt demnach, wer in besonderem Maße aus Leichtsinn oder Gleichgültigkeit die nach den Umständen gebotene und erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, wobei sich ihm der Eintritt der Folge geradezu hätte aufdrängen müssen. Für mich ist das wie die grobe Fahrlässigkeit oder zumindest ähnlich, jedoch nicht wie die leichte.

MEG

Megx

26.9.2024, 18:31:03

Danke für die Klarstellung, abstrakt habe ich es jetzt verstanden! :) Bleibt für mich aber immer noch die Frage, warum in diesem Fall dann Leichtfertigkeit und nicht nur Fahrlässigkeit bejaht wurde.

TI

Timurso

27.9.2024, 23:13:32

@[Megx](216108) naja, wie du selbst gesagt hast, passiert das schnell mal, dass beim Hantieren mit einer ungesicherten Waffe sich ein Schuss löst. Daher muss jedem klar sein, dass dabei besondere Vorsicht angebracht ist. Wer diese nicht einhält, handelt nicht nur fahrlässig, sondern verletzt die allgemeinen Pflichten zur Verhinderung von Schäden in so hohem Maße, dass Leichtfertigkeit vorliegt.


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