Gefälschter Bierdeckel (Parallelwertung in der Laiensphäre)


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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In der Stammkneipe des A ist es üblich, dass die Kellner jedes getrunkene Bier mit einem Kugelschreiberstrich auf dem Bierdeckel "dokumentieren". Mit dem Fingernagel kratzt A ein paar dieser Striche weg, damit er weniger zahlen muss. In der Hauptverhandlung erklärt A, er habe nicht gewusst, dass ein Bierdeckel eine Urkunde (§ 267 StGB) sei.

Einordnung des Falls

Gefälschter Bierdeckel (Parallelwertung in der Laiensphäre)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A hatte Vorsatz bzgl. einer Urkundenfälschung (§ 267 StGB).

Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.

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Ja!

Der Täter hat Vorsatz, wenn er mit dem Willen zur Verwirklichung des Tatbestands (voluntatives Element) in Kenntnis aller objektiven Tatumstände (kognitives Element) handelt. Bei normativen Tatbestandsmerkmalen genügt es, wenn der Täter den vom Gesetzgeber unter Strafe gestellten Sachverhalt in seiner sozialen Sinnbedeutung erkennt (Parallelwertung in der Laiensphäre). "Urkunde" ist ein normatives Tatbestandsmerkmal. Als Urkunde gilt jede menschliche verkörperte Gedankenerklärung, die ihren Aussteller erkennen lässt und zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt ist.A hat den sozialen Bedeutungsgehalt im Hinblick auf das Merkmal der Urkunde erkannt. Er wusste, dass er die zum Beweis bestimmten Zeichen der Kellner in ihrem Beweiswert verändert.Dass A den Bierdeckel „rechtlich“ nicht unter den Begriff der Urkunde subsumierte, könnte allenfalls einen Subsumtionsirrtum (=Verbotsirrtum, § 17 StGB) darstellen. Dieser führt allerdings nur zum Ausschluss der Schuld, sofern er unvermeidbar war. Dies dürfte hier nicht der Fall sein.

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